Festbetragsanpassung

Höhere Aufzahlungen für Patienten Désirée Kietzmann, 01.09.2010 14:49 Uhr

Berlin - 

Mit der regelmäßigen Anpassung der Festbeträge wollen die Kassen ihre Arzneimittelausgaben reduzieren. Der GKV-Spitzenverband erhofft sich von der aktuellen Runde Einsparungen von 460 Millionen Euro. Für 100 Wirkstoffe beziehungsweise Kombinationen in knapp 10.000 Handelsformen wurden aktuell die Erstattungspreise angepasst. Doch zahlreiche Originalhersteller machen die Preissenkungen nicht mit. Die Apothekenmitarbeiter müssen den Patienten erklären, warum sie für immer mehr Medikamente nicht nur zu-, sondern auch aufzahlen müssen.

Wie schon bei der vergangenen Festbetragsrunde geht AstraZeneca nicht bei allen Präparaten mit: Die Preise von Ascotop (Zolmitriptan), Crestor (Rosuvastatin), Nexium mups (Esomeprazol) bleiben nach wie vor über Festbetragsniveau. Für die Patienten steigt damit die Höhe der Aufzahlung. Auch Bayer bleibt mit Ciprobay (Ciprofloxacin) über dem Festbetrag. GlaxoSmithKline (GSK) senkt den Preis für Imigran (Sumatriptan) nicht ab.

Auch Patienten, die Arzneimittel des Pharmakonzerns Pfizer nehmen, müssen ab 1. September aufzahlen, denn der Hersteller bleibt seiner Sortis-Taktik treu. „Pfizer plant derzeit keine Preissenkungen zum 1. September aufgrund der Festbetragsanpassung“, sagt eine Konzernsprecherin. Betroffen sind die schon bislang aufzahlungspflichtigen Präparate Selectol (Celiprolol) und Sortis (Atorvastatin). Neu hinzu kommen Accupro (Quinapril) und Accuzide (Hydrochlorothiazid, Quinapril).

In die Liste der Festbetrags-Meuterer reiht sich auch der Darmstädter Hersteller Merck ein. Das Blutdruckmittel Concor (Bisoprolol) bleibt weiterhin über Festbetragsniveau. „Deutschland ist bei der Preisbildung Referenz für andere Länder“, argumentierte ein Sprecher von Merck gegenüber APOTHEKE ADHOC. Deshalb sei man auch schon bei der letzten Festbetragsrunde nicht mitgegangen.


Es sind deshalb in der Regel Originalhersteller, die sich gegen die deutschen Steuerungsinstrumente wehren, doch auch hier gib es Ausnahmen. So passt Boehringer Ingelheim die Preise an. Auch MSD Sharp & Dohme geht bei den meisten Präparaten mit, bei Maxalt lingua (Rizatriptan) bleibt der Konzern allerdings über Festbetrag.

Generikaanbieter, für die Deutschland zumeist der einzige Markt ist, gehen hingegen mit dem Festbetrag mit. Eine Ausnahme ist der Blutdrucksenker Nebivolol. Hier lagen die Preise auch schon vor der aktuellen Festbetragsrunde bei Stada, Aliud, Teva und Heumann knapp sechs Euro über Festbetrag. Begründet wurde der Preis mit den Herstellungskosten.

Nicht nur die gestiegenen Aufzahlungen dürften bei den Patienten für Unmut sorgen. Durch die Absenkung liegen die Preise vieler Arzneimittel nun auch nicht mehr 30 Prozent unter Festbestrag - für die Präparate muss daher wieder zugezahlt werden.

Nach Angaben der ABDA sind ab 1. September knapp 5.500 Festbetragsarzneimitteln von der Zuzahlung befreit. Im Vormonat waren es noch rund 8.400. Insgesamt unterliegen aktuell 30.317 Arzneimitteln der Festbetragsregelung.

Die Hersteller weisen die Verantwortung für die entstehenden Zuzahlungen unterdessen zurück. „Wenn die Kassen zur Auffüllung ihrer knappen Ressourcen auch auf eine vermehrte Zuzahlung ihrer Versicherten zurückgreifen wollen, müssen sie dafür auch die Verantwortung übernehmen“, teilte Pro Generika mit. Ein Abschieben des Schwarzen Peters auf die Industrie sei falsch.