Im Streit um die Hilfstaxe will der Deutsche Apothekerverband (DAV) vor einer Kündigung das Gespräch mit dem GKV-Spitzenverband suchen. Die Mitgliederversammlung erteilte DAV-Chef Fritz Becker für das weitere Vorgehen eine Art Generalvollmacht: Der DAV kann nach erneut erfolglosen Gesprächen mit den Kassen die Hilfstaxe teilweise kündigen. Der nächste Termin für die Kündigung ist Mitte Mai.
Für das weitere Verfahren bei der Hilfstaxe hat der Geschäftsführende Vorstand die Rückendeckung von der Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) in Potsdam bekommen, teilte die ABDA mit. Nach einer Generaldebatte seien mehrere Beschlüsse mit großer Mehrheit verabschiedet worden, in denen dem Vorstand „weitreichende Vollmachten für weitere Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband“ erteilt worden seien.
„Die Gespräche über alle Anlagen der Hilfstaxe sollen so schnell wie möglich aufgenommen werden. Der Geschäftsführende Vorstand bekam aber auch den Spielraum von der Mitgliedsversammlung eingeräumt, einzelne Anlagen zu kündigen, falls die Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis führen“. DAV-Chef Fritz Becker sagte: „Mit den Beschlüssen der Mitgliederversammlung haben wir eine gute Basis, um bei der Hilfstaxe voranzukommen. Der DAV ist weiter bereit, eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden.“
Unmittelbar nach dem Schiedsspruch im Januar hatte der DAV bereits kritisiert, dass die pauschalen Abschlagssätze vom gelisteten Einkaufspreis bei der Abrechnung mit den Krankenkassen zu hoch für die Apotheken sind, da der Apotheker den vereinbarten Abschlag im Einkauf nicht realisieren kann und dadurch nicht abschätzbaren finanziellen Risiken ausgesetzt ist. Der DAV hat inzwischen Klage gegen den Zyto-Schiedsspruch vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht und einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch genommen.
Der Hessische Apothekerverband (HAV) hatte im Vorfeld der Mitgliederversammlung die Kündigung der gesamten Hilfstaxe gefordert – allerdings ohne Anlage 3 für parenterale Zubereitungen. „Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass die Hilfstaxe seit 2009 nicht mehr angepasst wurde. Die dort genannten Stoffpreise liegen vielfach weit unter den tatsächlichen Einkaufspreisen der Apotheken“, kritisiert Verbandschef Holger Seyfarth im Vorfeld der Mitgliederversammlung.
Zwar sei es möglich, durch den Bezug größerer Stoffmengen Einkaufspreise zu erzielen, die den in der Hilfstaxe genannten entsprächen. Doch gerade kleinere Apotheken mit wenigen Rezepturen würden diese Mengen kaum erreichen: „Die Hilfstaxe muss aber marktgerecht sein und Preise ausweisen, die dem üblichen Einkaufsverhalten entsprechen.“
Der Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, wie die Hilfstaxe offiziell heißt, sehe die regelmäßige Anpassung der Kalkulationsgrundlage an die aktuelle Kostenentwicklung vor. „Der DAV hat zu lange versäumt, mit dem GKV-Spitzenverband über Anpassungen zu verhandeln“, kritisierte Seyfarth.
Anlage 3, welche die Preisbildung für parenterale Lösungen regelt, wollte der HAV aber noch nicht gekündigt wissen, solange die Klage gegen den Schiedsspruch vom 9. Januar beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig ist.
Auf seiner Jahrestagung Mitte März befasste sich auch der Verband der Zytostatika herstellenden Apotheken (VZA) mit der neuen Hilfstaxe. „Der Schiedsspruch hat das Zeug dazu, die Herstellung von Zytostatika zum Verlustgeschäft zu machen. Es geht jetzt um wirtschaftliche Schadensbegrenzung“, so VZA-Präsident Dr. Klaus Peterseim. Apotheker müssen für Originalpräparate, die im Anhang 2 gelistet sind, Abschläge von 0,05 bis 7,5 Prozent gewähren. Für nicht gesondert gelistete Originale fällt ein 1,6 prozentiger Abschlag an. In Anlage 3 sind Wirkstoffe gelistet, für die Rabatte bis zu 83 Prozent eingeräumt werden müssen.
Dort wurde auch die Kündigungsklausel problematisiert. Apotheker selbst können nicht kündigen. Einzig der DAV kann mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende ordentlich kündigen. Aber selbst dann verliere die Hilfstaxe ihre Gültigkeit erst mit einer neuen Vereinbarung. Was bleibe, sei eine außerordentliche Kündigung für einzelne Wirkstoffe mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende – vorausgesetzt es lägen geeignete schriftliche Belege vor und der ausgewiesene Durchschnittspreis werde um mehr als 10 Prozent überschritten.
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