Hilfsmittelgesetz

ABDA glaubt nicht an Qualitätsquote

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Berlin -

Massive Kritik übt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zur Verbesserung der Hilfs- und Heilmittelversorgung (HHVG). Man habe „Zweifel, ob die vorgeschlagenen Änderungen dieser Zielstellung förderlich sind“. Die ABDA fordert stattdessen die Abschaffung von Ausschreibungen und die RückKehr zu Vertragsverhandlungen mit Leistungserbringern.

Nach Gröhes Gesetzentwurf darf sich die Auswahl bei Ausschreibungen nicht mehr ausschließlich am Preis orientieren. Qualitätsaspekte müssen berücksichtigt werden. Am Instrument der Ausschreibungen will der Bundesgesundheitsminister nicht rütteln. Gröhe will die Krankenkassen aber verpflichten, neben dem Preis auch andere Kriterien wie Qualität, technischer Wert, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, Lieferbedingungen sowie Betriebs- und Lebenszykluskosten einzubeziehen. „Die Gewichtung der Zuschlagskriterien, die nicht die Kosten oder den Preis betreffen, darf 40 Prozent nicht unterschreiten“, heißt es im Referentenentwurf.

Exklusivverträge mit nur einem Anbieter und einem Produkt sollen verboten werden. Den Krankenkassen wird vorgegeben, „ihren Versicherten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen mehrkostenfreien Hilfsmitteln einzuräumen“. Um die Wahlrechte der Versicherten zu stärken, sieht das Gesetz vor, dass die Krankenkassen ihren Versicherten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen mehrkostenfreien Hilfsmitteln einräumen müssen.

Die von Gröhe vorgesehenen Regelungen zur Ausschreibung seien nicht ausreichend, „da die neu eingeführten Zuschlagskriterien den Krankenkassen so viel Beurteilungsspielraum belassen, dass der niedrigste Preis in der Praxis höchst wahrscheinlich das allein maßgebliche Kriterium bleiben wird“, kritisiert die ABDA. Ferner erhöhten die verstärkten Beratungs- und Dokumentationspflichten den bürokratischen Aufwand erheblich. Dies könne dazu führen könnte, dass eine bedeutende Zahl von kleineren Leistungserbringern ihre Aktivitäten im Hilfsmittelbereich überdenken müsse. Dies gefährde die flächendeckende Versorgung.

Grundsätzlich begrüßt die ABDA die „erkennbare Absicht“, dem weit verbreiteten Missbrauch von Ausschreibungsgewinnern entgegenzutreten. Diese Maßnahmen greifen aus Sicht der ABDA allerdings zu kurz. Den Krankenkassen komme weiterhin aufgrund der nicht abschließenden Liste von Zuschlagskriterien ein erheblicher Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über den Zuschlag zu.

Weil die neuen Zuschlagskriterien nur zu 40 Prozent für die Vergabe maßgeblich sein sollen, „bleibt der Preis das wesentliche Kriterium, die Versorgungsqualität wird zweitrangig“, so die ABDA. Angesichts des Spardrucks im GKV-System würden daher faktisch weiterhin Preis und Kosten die alles entscheidenden Kriterien bleiben, auch wenn „formal der Anschein erweckt wird, andere Kriterien würden ebenfalls in die Entscheidung einfließen“. Leidtragender bleibe der Versicherte.

„Vorzugswürdig wäre es daher, auf das Instrument der Ausschreibung ganz zu verzichten und auf Verhandlungsverfahren nach § 127 Absatz 2 SGB V zu setzen, um die flächendeckende Versorgung zu garantieren“, schreibt die ABDA in ihrer Stellungnahme. Dabei hätten die Kassen die Qualität der Hilfsmittel sowie die notwendige Beratung der Versicherten und sonstige erforderliche Dienstleistungen sicherzustellen und für eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten zu sorgen. Das Preisniveau müsse dabei eine mehrkostenfreie Versorgung ermöglichen.

Nicht mittragen will die ABDA die „fundamentale Änderung im Bereich des Präqualifizierungsverfahrens“, da diese „erhebliche Unruhe in ein funktionierendes System bringt“. Gröhes Plan sieht vor, dass sich die Präpualifizierungstellen künftig zertifizieren müssen; die ABDA ist mit der Agentur für Präqualifizierung selbst in dem Bereich aktiv. Mit den geplanten Änderungen würden die über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren eingeübten Rahmenbedingungen für den Ablauf der Präqualifizierungsverfahren wegfallen. Alle Beteiligten müssten sich auf neue Verfahrensabläufe einstellen. Dies wäre einem reibungslosen Ablauf der Versorgung abträglich.

Kritik übt die ABDA an den vorgesehenen neuen Regel zu Verbandmitteln. Der Referentenentwurf sehe zu diesem Punkt eine unverhältnismäßige Einschränkung der Erstattungsfähigkeit vor. Nur noch solche Verbandmittel sollen bezahlt werden, mit denen oberflächengeschädigte Körperteile bedeckt werden und die Körperflüssigkeit aufsaugen könnten. Bei Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, sollen laut ABDA nur Gegenstände zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden erfasst sein. „Mit dieser Definition des Verbandmittelbegriffs würden einige, bisher unstreitig als Verbandmittel angesehene Gegenstände aus der Erstattungsfähigkeit herausfallen“, kritisiert die ABDA.

„Derartige Einschränkungen werden häufig längere Heilungsprozesse zur Folge haben“, fürchtet die ABDA. Das Risiko von Komplikationen und Krankenhausaufenthalten steige ebenso wie die Behandlungskosten. Die betroffenen Versicherten müssten unter Umständen einen längeren und schmerzhafteren Behandlungsverlauf in Kauf nehmen.

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