EuGH-Urteil

Hexal: Schulterschluss mit Apothekern

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Berlin -

Auf das EuGH-Urteil zu Rx-Boni haben die Verbände der Pharmaindustrie nur mit großer Zurückhaltung reagiert. Jetzt sucht mit Hexal ein bekannter Generikahersteller im Alleingang den Schulterschluss mit den Pharmazeuten: Firmenchefin Sandrine Piret‐Gérard unterstützt in einem Brief an Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ausdrücklich die Initiative für ein Rx-Versandverbot. Außerdem warnt sie vor den Folgen der Zyto-Ausschreibungen.

Das EuGH-Urteil hat nach Auffassung von Piret‐Gérard zu Recht bei den Apothekern zu heftigen Reaktionen geführt: „Die Sorgen mit Blick auf die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sind meines Erachtens mehr als berechtigt.“ Sie begrüße daher die von der bayerischen Staatsregierung angekündigte Bundesratsinitiative, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Dieser Schritt scheine die einzige Möglichkeit zu sein, die Preisbindung für Arzneimittel in Deutschland zu sichern. „Diese Preisbindung ist einer der letzten Eckpfeiler eines Versorgungssystems, das schon heute nicht mehr so gut funktioniert, wie es sollte.“

Die Diskussion über das EuGH‐Urteil muss man nach Ansicht der Hexal-Chefin einem größeren Zusammenhang sehen. Die von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt beklagte „Geringschätzung pharmazeutischer Arbeit“ reiche weit über das EuGH-Urteil hinaus und finde sich auch in der Arzneimittel‐Gesetzgebung der vergangenen Jahre wieder. Piret‐Gérard: „Dass Krankenkassen die Möglichkeit gegeben wurde, Rabattverträge für Arzneimittel auszuschreiben, dass deren Erfüllung per Gesetz verbindlich vorgeschrieben wurde und dass in der Folge die pharmazeutisch begründeten Hürden gegen einen nahezu beliebigen Austausch von Arzneimitteln systematisch niedergerissen wurden, sind hierfür die schlagendsten Beispiele.“

Mit der Bundesregierung hätten sich die Hersteller im Pharmadialog ausführlich über die Nebenwirkungen dieses System der Rabattvertragsausschreibungen unterhalten und auf die Problematik der Lieferengpässe hingewiesen. Die Politik ignoriere aber diese Hinweise. Die Hexal-Chefin spricht Huml direkt an: „Werden daraus Schlussfolgerungen gezogen, gibt es ein Innehalten?“

Es gebe gute Gründe für das geplante Verbot der Bundesregierung, die Versorgung von Krebspatienten mit Zytostatika über Ausschreibungen unter bestimmten Apotheken zu organisieren. Aber statt grundsätzlich zu erörtern, „wie wir die onkologische Versorgung, die ohnehin nicht reibungslos funktioniert, verbessern, fällt der Bundesregierung nur ein, die Ausschreibungen der Zytostatika auf die Ebene der pharmazeutischen Unternehmen zu verlagern“, kritisiert die Hexal-Chefin.

Dabei handele es sich um einen Bereich, in dem es seit Jahren ein Konzentrationsprozess auf Herstellerseite gebe. Piret‐Gérard: „Die Folgen von Ausschreibungen und Rabattverträgen für diese Produkte wären verheerend. Lieferengpässe und damit noch größere Versorgungsprobleme in der Krebstherapie sind vorprogrammiert.“

Die Hexal-Chefin fordert nach dem EuGH‐Urteil eine Grundsatzdebatte über die Prinzipien der Arzneimittelpolitik, um Fehlentwicklungen zu korrigieren. Die Sicherung der Preisbindung sei zwar ein wichtiger Schritt, könne aber nur ein Anfang sein.

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