In Hessen sind nun auch Augenärzte außerhalb der Sprechzeiten über 116117 erreichbar. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) baut einen augenärztlichen Bereitschaftsdienst auf. Als erstes nimmt seit Mittwoch der augenärztliche Bereitschaftsdienst in Frankfurt die Arbeit auf, im Juli soll Wiesbaden folgen. Hessenweit seien sechs Standorte geplant, berichtete die KV. Eine Augenärzte-Bereitschaft ist nach Angaben der KV Hessen bundesweit einmalig.
Die Zentralen sind für Patienten gedacht, deren Behandlung nicht bis zum nächsten Werktag warten kann, die aber nicht ins Krankenhaus müssen. Sie können sich abends und am Wochenende telefonisch an die bundesweit einheitliche Rufnummer 116117 wenden oder eine der 67 hessischen Bereitschaftsdienstzentralen aufsuchen. Als erste Facharztgruppe wurden Kinderärzte in das System integriert.
Parallel dazu lehnen die hessischen Kassenärzte bundespolitische Pläne ab, Ärzte zu längeren Praxis-Öffnungszeiten zu verpflichten. Im Koalitionsvertrag wird vorgeschlagen, die Mindestöffnungszeiten von 20 auf 25 Stunden zu erhöhen. Die durchschnittliche Arbeitszeit hessischer Ärzte und Psychotherapeuten liege schon heute pro Woche bei 50,3 Stunden, davon etwa 36 Stunden im direkten Kontakt mit Patienten, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen, Frank Dastych.
Die meisten Haus- und Facharztpraxen hätten schon jetzt mehr als 25 Stunden geöffnet. Inhaltlich laufe der Vorschlag also „ins Leere“, sagte Dastych, im Ton sei er jedoch „eine Unterstellung“: Er suggeriere, Ärzte seien faul und müssten nur mehr arbeiten, um die Probleme der Gesundheitspolitik zu lösen. Nötig seien mehr Ärzte, mehr Geld und eine bessere Steuerung von Patientenströmen.
Ebenfalls angedacht ist eine Ausweitung der Terminservicestellen. Dort wird Patienten telefonisch binnen vier Wochen ein Termin beim Facharzt vermittelt. Die große Koalition plant, das System auf Haus- und Kinderärzte auszuweiten. Auch dagegen regt sich in Hessen Kritik. Patienten mit „Flatrate-Mentalität“ benutzen die Terminvermittlung als „Selbstbedienungsladen“, kritisierte Dastych - vor allem, seit auch Termine bei Psychotherapeuten vermittelt würden.
Statt das System weiter „aufzublasen“, müsse die Zugangsschwelle erhöht werden, fordert die KV. Nur medizinisch wirklich dringliche Fälle sollten in den Terminservicestellen weitervermittelt werden. Mit durchschnittlich 18 Arztbesuchen pro Jahr sei Deutschland europaweit an der Spitze und das System „an der Belastungsgrenze“.
Bei einem Thema ist die KV Hessen aber mit dem neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf einer Linie: Es gebe in Deutschland keine Zwei-Klassen-Medizin. „Jeder, der krank ist, bekommt die ärztliche Versorgung, die er benötigt“, sagte Dastych. Dass Privatpatienten schneller einen Termin bekämen, sei ein Gerücht, für das es „keine belastbare Quelle“ gebe: Die Wartezeit richte sich „rein nach Behandlungsbedürftigkeit“.
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