Auch die Unternehmen der privaten Krankenversicherung (PKV) haben Anspruch auf den Herstellerrabatt – selbst dann, wenn sie hohe Gewinne einfahren. Dies hat das Landgericht München I in einem Musterprozess des Herstellers Desitin gegen die Bayerische Beamtenkrankenkasse entschieden. Laut Urteilsbegründung darf der Gesetzgeber auch Privatunternehmen schützen, wenn es um einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz geht.
In dem Verfahren ging es um das Gesetz über Rabatte für Arzneimittel (AMRabG), das mit dem AMNOG eingeführt wurde. Dort ist festgelegt, dass Pharmaunternehmen auch an private Krankenversicherungen den Herstellerabschlag zahlen müssen – und zwar unabhängig davon, ob der Patient die Kosten teilweise oder sogar komplett alleine übernommen hat.
Dagegen wehrte sich Desitin. Aus Sicht der Richter überschreitet der Abschlag jedoch nicht das Maß des Zumutbaren. Dass die Belastung vor dem Hintergrund der Berufsausübungsfreiheit angemessen sei, habe das Bundesverfassungsgericht für die Krankenkassen bereits bestätigt, so die Richter. Da aber 90 Prozent der Versicherten Kassenpatienten seien, falle die Belastung durch Abschläge an PKVen im Vergleich „nur geringer ins Gewicht“.
Das AMRabG diene dem Ziel, einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz auch außerhalb des GKV-Systems zu gewährleisten. Hierbei handele es sich um ein verfassungslegitimes Ziel, dem sich auch private Versicherungsunternehmen und Leistungserbringer unterwerfen müssten: Der Gesetzgeber sei „nicht auf den Bereich der GKV beschränkt“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Dies gelte besonders, da in der PKV „in nicht unerheblichem Maß Personen versichert sind, die sozial nicht weniger schutzwürdig sind“ als Kassenpatienten. „Daher ist es zumutbar, wenn die pharmazeutischen Unternehmen auch einen Beitrag dazu erbringen, dass die Beiträge zur PKV bezahlbar bleiben,“ so die Richter.
Das Argument, dass die PKVen in den vergangenen zehn Jahren weder Umsatz- noch Gewinneinbußen hinnehmen mussten, gilt den Richtern zufolge genauso wenig wie der Verweis auf die Tatsache, dass die Prämienentwicklung nicht alleine von den Arzneimittelausgaben abhängt.
Die Tatsache, dass die Unternehmen die Abschläge an die PKV – anders als die an die GKV geleisteten Abschläge – nicht umsatzsteuerlich absetzen können, stellt für das Gericht ebenfalls keine Unverhältnismäßigkeit dar. Die unterschiedliche Behandlung habe ihre Ursache schließlich in den unterschiedlichen Abrechnungssystemen: Sachleistungsprinzip und Kostenerstattungsprinzip.
Desitin hatte vergeblich argumentiert, bei dem Abschlag handele es sich um eine Sonderabgabe, die im Unterschied zu den sonstigen hoheitlich auferlegten Geldleistungspflichten Privaten zugute komme. Aus Sicht des Herstellers stellt die finanzielle Stabilität der PKV „keinen vernünftigen Gemeinwohlbelang“ dar.Desitin hatte auch darauf verwiesen, dass andere Sparinstrumente wie der Apothekenabschlag in der PKV-Welt nicht existierten. Um die Arzneimittelausgaben zu reduzieren, ist aus Sicht von Desitin der Kassenabschlag mindestens genauso geeignet wie der Herstellerrabatt.
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