Herstellerabschlag

AOK darf Abschlag nicht einklagen Alexander Müller, 22.07.2013 10:47 Uhr

Die AOK Plus wollte strittige Generikaabschläge direkt beim Hersteller einklagen, um Apotheken nicht zu belasten. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Krankenkassen dürfen strittige Generikarabatte nicht direkt bei den Herstellern einklagen. Die AOK Plus hatte vor dem Sozialgericht Hamburg gegen Dr. Beckmann Pharma geklagt. Die Kasse wollte die Apotheken aus dem Streit heraus halten, konnte jedoch einen direkten Durchgriff auf die Firma nicht durchsetzen. Die Klage wurde zurückgezogen, bevor das Urteil rechtskräftig wurde.

Krankenkassen streiten seit Jahren mit Dr. Beckmann über die Einordnung des Notfallpräparats Anapen. Die Kassen bewerten das Mittel als Generikum und verlangen für vergangene Jahre den damals höheren Herstellerabschlag. Das Unternehmen versteht sein Produkt als Solitär und damit befreit vom Generikaabschlag.

Viele Kassen haben die Abschläge zu Anapen bei den Apotheken retaxiert. Die AOK Plus wollte einen anderen Weg gehen: Man habe das Verfahren im eigenen Interesse geführt, „um gesetzlich vorgeschriebene Generikaabschläge rechtlich direkt beim Hersteller zu realisieren, ohne zwingend die Apotheken retaxieren zu müssen“, teilte die Kasse mit. Die AOK Plus forderte die Summe von knapp 3800 Euro direkt bei Dr. Beckmann ein.

Vor dem Sozialgericht hatte sich die Kasse dafür eingesetzt, dass die Apotheken nicht belastet weden. Die Einbeziehung der Apotheken in das Abrechnungsprozedere sei verfassungsrechtlich nur dann zu rechtfertigen, wenn diese „zuverlässig, vollständig und zügig“ wieder entlastet würden. Die Apotheken dürften nicht mit dem Insolvenzrisiko der Hersteller belastet werden, so die AOK.

Beckmann hatte die Forderungen der Kasse zurückgewiesen: Abtretbare Ansprüche gebe es nicht, da die umstrittenen Abschläge noch gar nicht retaxiert worden seien. Im übrigen seien die Ansprüche der Kasse selbst verjährt und ohnehin in der Sache unbegründet.

Anapen sei eben kein Generikum, argumentierte Dr. Beckmann: Die von der AOK zum Vergleich genannten Arzneimittel seien nicht wirkstoffgleich, auch die Wirkstärke sei verschieden und der unterschiedliche Auslösemechanismus der Autoinjektoren schließe einen Austausch der Arzneimittel aus, so Dr. Beckmann.

Das Sozialgericht entschied nicht, wie Anapen einzuordnen sei. Doch die Richter wiesen die Forderungen der AOK mit Verweis auf das Sozialgesetzbuch zurück, wonach die Kasse die Abschläge von den Apothekern erhält: „Ein Durchgriff der Krankenkassen auf die Hersteller bleibt somit ausgeschlossen.“

Die von der Kasse ins Feld geführte „effiziente Entlastung“ der Apotheken konnten die Richter nicht erkennen. Dazu hätte die AOK neben dem Durchgriff auf den Hersteller auf ihre eigenen Forderungen gegenüber den Apotheken verzichten müssen. Dies sei aber nicht der Fall. „Im Übrigen entspricht es den allgemeinen Grundsätzen, dass ein Marktteilnehmer das Insolvenzrisiko dessen trägt, den er sich als Geschäftspartner ausgesucht hat.“

Die Kassen können sich laut dem Gericht auch nicht auf den Rahmenvertrag berufen. Denn dieser sei zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) geschlossen und gelte nicht für Hersteller. Verträge zulasten Dritter seien stets wirkungslos, so die Richter. Zuletzt hatte das Gericht auch die vermeintlichen Abtretungserklärungen der Kasse nicht anerkannt.

Die Klage der AOK Plus wurde Ende Mai zurückgewiesen. Doch die Kasse zog ihre Klage zurück, bevor das Urteil rechtskräftig wurde. Dies ist möglich, wenn der Beklagte – hier Dr. Beckmann – nicht widerspricht. Das Urteil ist damit „wirkungslos“, formal hat sich das Gericht also gar nicht mit Anapen befasst.