Hersteller dürfen Apotheken benutzen Alexander Müller, 04.04.2012 15:08 Uhr
Der Hersteller Cephalon darf Parkinsonpatienten auch künftig einen kostenlosen Lieferservice für das Präparat Apo-Go (Apomorphin) anbieten. Das Oberlandesgericht München (OLG) sieht in dem Angebot keine Umgehung der Apothekenpflicht – sondern eine Spielart des Versandhandels mit Arzneimitteln.
Bei dem Lieferservice werden teilnehmende Patienten von Cephalon auch an neue Rezepte erinnert. Auf Wunsch fordert der Hersteller die Folgerezepte selbst beim behandelnden Arzt an und lässt sie sogar von einem Kurierdienst abholen. Die Infusionslösungen und Fertigspritzen werden von einer Münchener Versandapotheke (Clemens-Apotheke) verschickt. Cephalon zufolge können Patienten, die den Service nutzen, aber auch eine andere Apotheke beauftragen.
Die Wettbewerbszentrale hatte in dem Lieferservice eine Umgehung der Apothekenpflicht gesehen und in erster Instanz recht bekommen. Doch im Berufungsverfahren konnte Cephalon das OLG überzeugen, dass Apo-Go nicht direkt an Patienten ausgeliefert wird, sondern über eine Apotheke.
Die Richter bewerteten den Lieferservice demnach als Versandhandel der eingeschalteten Apotheke. Und dabei sei eine persönliche Beratung des Patienten oft weder notwendig noch erwünscht, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entgegennahme von Bestellungen durch Cephalon sei dagegen noch kein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG), heißt es im Urteil.
Cephalon umgehe die Apothekenpflicht, die Versandapotheke sei nur pro forma zwischengeschaltet, hatte die Wettbewerbszentrale argumentiert. In erster Instanz hatte auch das Landgericht München der Apotheke nur die Funktion „eines bloßen Lagerhalters“ zugeschrieben. Dagegen ist aus Sicht des OLG nicht ersichtlich, dass die Apotheke ein „lediglich unselbständiges weisungsgebundenes Werkzeug“ in den Händen des Herstellers sei.
Da sich die Patienten aktiv für den Lieferservice anmelden müssen, sieht das OLG auch keinen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Die zugesandten Informationen über Apo-Go sind demnach keine produktbezogene Werbung, sondern die Beantwortung konkreter Anfragen von Patienten.
In der Praxis hatte das Verfahren schon vorab Wellen geschlagen: Der Generikakonzern Stada hatte im Herbst 2011 die Vertriebsvereinbarung für Apo-Go mit Cephalon gekündigt. Zum einen gehört das Unternehmen mittlerweile zum Konkurrenten Teva. Die 5,4 Millionen Euro teure Trennung von Cephalon hatte Stada aber auch mit dem Urteil des Landgerichts München begründet. Nachdem die Richter den Lieferservice als Werbekampagne zur Kundenbindung bezeichnet hatten, war Stada schnell auf Distanz gegangen.
Jetzt hat das OLG der Berufung von Cephalon in vollem Umfang stattgegeben. Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen. Der Sache komme keine grundsätzliche Bedeutung zu, heißt es in der Begründung des OLG.