Die ABDA lehnt die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Apothekenstärkungsgesetz vorgeschlagene Streichung der Preisbindung für ausländische Versandapotheken im § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) kategorisch ab. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hingegen unterstützt Spahn in diesem Punkt und hält das Festhalten daran für europarechtlich „hochriskant“. Er habe die Sorge, dass dies eine „Steilvorlage“ für den Europäischen Gerichtshof (EuGH) werde, sagte Hennrich beim DAV-Wirtschaftsforum.
Der EuGH könne dann sagen: „Die legen es darauf an und kommen wieder mit dem alten Schlamassel!“ Im Sozialgesetzbuch (SGB V) könne man nur den GKV-Bereich des Arzneimittelrechts regeln, erklärte Hennrich. Die Privatpatienten fielen nicht darunter. Wenn man wie von der ABDA gefordert den Absatz 1, Satz 4 im § 78 belasse, könne „das Ganze“ wieder vor dem EuGH landen und dann könne „beim nächsten Mal alles in Rutschen geraten“. Insgesamt begrüßte Hennrich Spahns Referentenentwurf zum Apothekenstärkungsgesetz als „sehr gute Grundlage und Schritt nach vorne“: „Ich bin froh, dass wir jetzt zu einer Lösung kommen, diese steht jetzt vor der Tür.“
Im Ergebnis ähnele Spahns Weg dem, „was wir vor dem EuGH-Urteil hatten“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker. „Damit schaffen wir eine konkrete Perspektive“, so Hennrich. Die zusätzliche pharmazeutischen Dienstleistungen stärkten die Apotheken. Dies schaffe eine „konkrete Perspektive“. Hennrich unterstützte in der Diskussion den Vorschlag Spahns, in Modellversuchen Grippeimpfungen in Apotheken zu erproben. „Keine Apotheke muss Grippeimpfungen vornehmen“, so Hennrich, „das ist ein freiwilliges Angebot.“
Die von Spahn vorgeschlagene Änderung des § 78 AMG will der SPD-Arzneimittelexperte Edgar Franke noch prüfen. „Wir benötigen noch europarechtlichen Feinschliff“, sagte Franke, „wir müssen noch etwas machen“. Franke ließ durchblicken, dass er sich auch den Erhalt des § 78 vorstellen kann, und man „alles im SGB V regeln“ könne. Derzeit prüften das Innen-, das Justiz- und auch das Wirtschaftsministerium den Gesetzesvorschlag. Die Bundesregierung „müsse ganz vorsichtig sein“ und rechtlich „klarziehen, dass der Referentenentwurf auch hält“, warnte Franke: „Schauen wir mal, was die Ministerien sagen.“
Diskussionsmoderator Rolf Erdenberger verglich Spahns Gesetzentwurf mit einer Möhre, die er den „Eseln“ (Apotheker) vor die Nase halte, um sie vom Rx-Versandverbot wegzulocken. Darauf entgegnete DAV-Chef Fritz Becker, er empfinde sich nicht in der Rolle des Esels. Der Referentenentwurf sei das Ergebnis vieler Gespräche, er bedürfe aber der „einen oder anderen Korrektur“ und noch „kleiner Schrauben“ im SGB V. Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, empfindet den „Esel als ein sehr sympatisches Tier, weil der große Lasten tragen kann“. Auch die Arzneimittelversorgung durch die Apotheker sei eine große Last. In Spahns Referentenentwurf gebe es noch „ein paar faule Stellen, die müssen wir noch rausschneiden“. Kiefer sagte, weil sich die Apotheker beim Rx-Versandverbot „bewegt“ hätten, erwarte man jetzt von der Politik ein Bekenntnis und die Umsetzung der Gleichpreisigkeit.
Sylvia Gabelmann von der Fraktion Die Linke sieht die Apotheker gleichwohl von Spahn erpresst. „Die ABDA hätte darauf reagieren können mit der Rückkehr zur Forderung des Rx-Versandverbots“, sagte Gabelmann. Dafür gab es Beifall aus dem Publikum. Die ABDA hätte „selbstbewusst Widerstand“ gegen Spahns Politik leisten können. Die Aufgabe der Gleichpreisigkeit bringe die Existenz vieler Apotheken in Gefahr.
Für die FDP begrüße Christine Aschenberg-Dugnus die vorgesehene Honorierung zusätzlicher pharmazeutischer Leistungen: „Gute Leistung muss honoriert werden.“ Die FDP habe schon immer gesagt, dass ein Rx-Versandverbot rechtlich nicht haltbar sei. Sie halte auch die jetzt gewählte „Umgehungsstrategie“ über das SGB V für nicht durchsetzbar. „Schummeln reicht nicht“, sagte die FDP-Politikerin. Stattdessen solle ein Boni-Deckel eingeführt werden. „Seinen Sie doch mal Selbstbewusst, so viele Rezepte sind seit 2016 nicht abgewandert.“
Zum Abschluss sagte Becker, er sehe, dass „CDU und SPD um die Gleichpreisgkeit ringen“. Wichtig sei, den GKV-Teil im SGB V rechtlich „absolut“ zu sichern, „90 Prozent sicher machen, jetzt herrscht Unsicherheit im gesamten Markt“.
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