Hennrich: Rx-Versandverbot kein Zufall Lothar Klein, 20.03.2018 15:30 Uhr
Obwohl die Arzneimittelpolitik im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD so gut wie keine Rollen spielt, sieht CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich gleichwohl Handlungsbedarf: „Es gibt 12 bis 14 Arzneimittelthemen, um die wir uns kümmern müssen“, sagte er bei der Berliner Runde des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH). Dass das Rx-Versandverbot im GroKo-Vertrag steht, ist für Hennrich keine Überraschung. Die an den Verhandlungen beteiligten Länder hätten daran ihren Anteil.
„Das Rx-Versandverbot ist nicht die alleinige Idee von Hermann Gröhe“, sagte Hennrich. Schon bei den Beratungen im Bundesrat in der letzten Legislaturperiode habe sich eine „hohe Affinität“ der Länder, auch SPD-regierter Länder dafür gezeigt. Er habe zudem immer gesagt, „bei einer Jamaika-Koalition hat das Rx-Versandverbot keine Chance, aber in einer großen Koalition gibt es eine Realisierungschance“. Hennrich wagte aber keine Prognose zur Zukunft der Absichtserklärung im GroKo-Vertrag.
In der Diskussion bekräftigte Kai Helge Vogel vom Verbraucherzentrale Bundesverband die Kritik am Rx-Versandverbot. Man sehe das nach wie vor kritisch. „Besser wäre eine Stärkung der Beratungsleistung der Apotheken. Für Professor Dr. Andrew Ullmann, Gesundheitspolitiker der FDP-Bundestagsfraktion, hat das Rx-Versandverbot in der neuen Bundesregierung „durchaus eine Chance“. Die FDP bleibe aber bei ihrer Haltung, dass der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht gefährde.
Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer in der Ablehnung der von der EU-Kommission vorgelegten Verordnung für eine europaweite Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Ullmann kündigte für die FDP an, die beabsichtigte Subsidiaritätsrüge mitzutragen. Am Donnerstag wird darüber der Bundestag abstimmen. „Wir sehen die EU-Verordnung eher skeptisch“, sagte Sabine Richard für den AOK-Bundesverband. Diese stelle die hohen deutschen Standards bei der Nutzenbewertung infrage. Außerdem sei die Entscheidungsfindung bei der Nutzenbewertung auf der EU-Ebene „sehr intransparent“.
Auch Hennrich sieht im EU-Vorschlag noch „viele, viele Baustellen“. Daher sei die Subsidiaritätsrüge richtig, man sei jetzt gut beraten, in eine intensive Diskussion über das Thema einzusteigen. Auch Vogel sieht darin Probleme. Es müsse zunächst sichergestellt werden, dass sich die Patienten auf die Ergebnisse verlassen könnten. Für die BAH sieht sein stellvertretender Vorsitzender Philipp Huwe allerdings auch positive Aspekte in der EU-Initiative: Langfristig müsse man in der EU diesen Weg gehen. Eine einheitliche Nutzenbewertung könne die Verfahren zur Einführung neuer Arzneimittel auf dem Weg zum Patienten beschleunigen, wenn neben der EU-weiten Zulassung auch eine Nutzenbewertung auf EU-eben stattfinde.
Auch Zustimmung stieß auch das im Koalitionsvertrag verankerte neue Gesundheitsportal zur unabhängigen Patienteninformation. „Das ist ein relevanter Ansatz zu Stärkung der Gesundheitskompetenz“, so Vogel. Wichtiger als das neue Portal ist für Richard aber, dass die Informationen tatsächlich bei den Patienten ankommen. Es lägen ja bereits viele Informationen vor, die nicht genutzt würden. Hennrich sagte, dass das neue Gesundheitsportal als Ergänzung zu den bisherigen Angeboten gedacht sei und als Antwort auf Google & Co. „Wir dürfen das nicht den US-Konzernen überlassen.“ Huwe unterstrich, dass der regelmäßige BAH-Gesundheitsmonitor belege, dass das Gesundheitsbewusstsein zunehme: „Die Verständlichkeit der Informationen spielt eine große Rolle.“
Das gilt auch für das neue Arzt-Informationssystem (AIS). Hennrich kündigte für den Sommer den Verordnungsentwurf des BMG dazu an. Bereits im AM-VSG hatte die letzte Bundesregierung das AIS beschlossen. Jetzt wird mit Spannung die Umsetzung erwartet. Richard wies für die AOK den Vorwurf zurück, die Kassen wollte das AIS als Kontrollinstrument über die Verordnungen der Ärzte nutzen. Die Patienten müssten im Mittelpunkt stehen, fordert Vogel.