Apotheken dürfen die Heimversorgung komplett von externen Lagerräumen aus betreiben. Laut Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gibt es auch keine Begrenzung für die Größe dieser Lager. Die Leipziger Richter teilen nicht die Befürchtung der beklagten Aufsichtsbehörde, es könnten große „Logistikzentren“ in der Heimversorgung entstehen: Das Apothekengesetz (ApoG) und die Pflicht zur persönlichen Leitung verhinderten dies. Feste Grenzen gibt es allerdings nicht, sodass einzelne Apotheken mehr als zwei Dutzend Heime unter Vertrag haben.
In dem Verfahren hatte ein Apotheker gegen seine Aufsichtsbehörde geklagt, weil er sämtliche Tätigkeiten der Heimversorgung von externen Lagerräumen aus organisieren wollte. Die Aufsicht hatte eingewendet, es müsse „dem Entstehen großflächiger 'Logistikzentren' für die Heimversorgung entgegen gewirkt werden“.
Das überzeugte das BVerwG nicht. Denn Apotheker seien zur persönlichen Leitung verpflichtet: „Das beschränkt den Abschluss von Heimversorgungsverträgen auf ein Maß, das dem Apotheker erlaubt, seine Leitungsfunktion sowohl hinsichtlich der Heimversorgung als auch hinsichtlich des üblichen Apothekenbetriebs ordnungsgemäß wahrzunehmen.“ Sei dies gewährleistet, unterliege die Größe externer Lagerräume nach der ApBetrO keiner Begrenzung.
Die Heimversorgung ist in §12a ApoG geregelt. Demnach sind Apotheken grundsätzlich dazu verpflichtet, die Belieferung mit Pflegeheimen vertraglich zu regeln und dies der Behörde in jedem Einzelfall anzuzeigen. Und: Heim und Apotheke müssen innerhalb desselben oder benachbarten Kreisen liegen, dasselbe gilt für kreisfreie Städte. Eine numerische Begrenzung an zu versorgenden Heimen ist im Gesetz dagegen nicht vorgesehen.
Das Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) verweist auf die Genehmigungspflicht im Einzelfall: „Bei der behördlichen Prüfung des Vertrages werden im Hinblick darauf, ob die Apotheke die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung von Bewohner/innen eines Heimes gewährleisten kann, mehrere Kriterien herangezogen“, teilte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC mit. Jede Einzelfallprüfung erfolge „vor dem Hintergrund konkreter Rahmenbedingungen wie der Größe des Heimes oder der Anzahl der zu versorgenden Heime“.
Die größte Anzahl an Heimversorgungsverträgen einer Apotheke kann das Ministerium nicht ohne Weiteres beantworten – „aufgrund der nordrhein-westfälischen Zuständigkeitsregelung“. Dazu kommt, dass Apotheken an Landesgrenzen teilweise in zwei Bundesländern Heime versorgen und das mit den jeweiligen Aufsichtsbehörden abstimmen.
In Niedersachsen übernimmt die Apothekerkammer die Aufsicht über die Apotheken. Auch die Heimversorgungsverträge werden von der Kammer geprüft und genehmigt. „Die Anzahl der Verträge, die je Apotheke genehmigt werden, hängt vom individuellen Leistungsvermögen der Apotheke ab“, teilte eine Sprecherin der Kammer auf Anfrage mit.
Von der Kammer wird demnach geprüft, „ob die Apotheke genügend Personal und die notwendige Qualifikation bereitstellen kann, um die ordnungsgemäße Belieferung, die Stationsbegehungen sowie die fachkundige Beratung der Bewohner und des Heimpersonals zu leisten“. Die Anzahl der Bewohner je Heim wird dabei allerdings nicht abgefragt.
Die Einzelfallprüfung führt dazu, dass eine Apotheke in Niedersachsen nach Kammerangaben Verträge mit 25 Heimen geschlossen hat. Im benachbarten Hessen sieht es ähnlich aus. Ein Sprecher des dort zuständigen Regierungspräsidiums Darmstadt (RP) teilte auf Anfrage mit: „Die Apotheke mit den meisten Versorgungsverträgen versorgt zurzeit 24 Heime.“
Auch in Hessen gibt es keine Grenze: „Eine Beschränkung nach der Anzahl von versorgten Heimen oder einer maximal zu versorgenden Bewohnerzahl existiert nicht.“ Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gewährleistet ist. „Dies wäre zum Beispiel nicht der Fall, wenn Räume oder Personal der Apotheke nicht ausreichen, um den Versorgungsauftrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Dies wird nicht nur bei der Genehmigung eines Vertrages, sondern auch während der regelmäßigen Inspektionen beurteilt“, so der Sprecher des RP.
Vor drei Jahren hatte das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein Westfalen (OVG) entschieden, dass Apotheken, die Heime beliefen möchten, nicht mehr als eine Stunde entfernt sein sollten. Eine akute Versorgung sei Voraussetzung für eine Heimbelieferung: Gerade bei multimorbiden älteren Patienten in Heimen sei nur ein Teil des Arzneimittelbedarfs planbar, so die Richter. Bei größeren Heimen sei daher oft eine mehrmals tägliche rasche Belieferung notwendig.
Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass sich die Versorgung eines Heimes nicht nur auf die Arzneimittelbelieferung bezieht. Vielmehr müsse die Apotheke die Arzneimittelversorgung des Heims bewachen und entsprechend beraten. Eine größere Entfernung zwischen Apotheke und Heim könnte daher der Erfüllung dieser Aufgabe entgegenstehen. Zudem sei es Heimen nicht erlaubt, Arzneimittel für den Notfall vorrätig zu halten. Auch eine ständige ärztliche und medikamentöse Grundversorgung sei in Heimen nicht gegeben. Daher sei es notwendig, dass das Heim innerhalb einer Stunde erreichbar ist.
Das Gericht bezog sich in seiner Urteilsbegründung auf die im August 2012 vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) festgelegte Maximaldistanz für die Klinikversorgung. Auch in Bayern hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einer Heimversorgung zugestimmt, bei der die Apotheke eine Stunde von dem Heim entfernt lag.
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