Die vorgeschriebene Raumeinheit einer Apotheke ist nicht zu eng zu sehen, wenn es um die Heimversorgung geht. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 25. Mai. Laut den jetzt vorliegenden Urteilsgründen dürfen alle relevanten Tätigkeiten zur Heimversorgung auch aus einem externen Lager heraus vorgenommen werden, solange der Apotheker Herr des Geschehens ist. Einen Umweg über die Apotheke brauche es nicht.
Detlef Steinweg, Inhaber der Paracelsus-Apotheke in Castrop-Rauxel, wollte aus Platzgründen die Versorgung der Pflegeheime von einem Lager aus betreiben, das etwa zwei Kilometer von der Apotheke entfernt ist und zum Blisterzentrum Steinweg Medical gehört, an dem mittlerweile mehrheitlich die Noweda beteiligt ist. Weil die Aufsicht das untersagen wollte, klagte er im September 2011. Aus seiner Sicht dürfen externe Betriebsräume für Zwecke der Heimversorgung genutzt werden.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen, im Berufungsverfahren setzte sich Steinweg vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) überwiegend durch. Das Gericht sollte feststellen, dass er das Lager auch für Bestellungen und deren Entgegennahme, Endkontrolle und Lieferung, Dokumentation und Medikationsmanagement, Information und Beratung sowie die Prüfung neuverblisterter Arzneimittel nutzen darf. Aus seiner Sicht wäre dazu weder eine erweiterte Betriebserlaubnis noch Abnahme durch die Behörde nötig.
Weil das OVG bezüglich der erweiterten Betriebserlaubnis den Antrag zurückgewiesen hatte, waren beide Seiten in Revision gegangen. Doch das BVerwG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz insgesamt. Demnach darf der Apotheker in externen Räumen neben „lagertypischen Tätigkeiten“ auch „heimversorgende Tätigkeiten“ erbringen. Eine Abnahme ist dabei nicht erforderlich, wohl aber eine erweiterte Betriebserlaubnis.
Laut BVerwG ist weder der Begriff des Lagerraums in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) näher definiert, noch gibt es eine Auflistung, welche Arbeiten dort zulässig sind. Allerdings dürften Tätigkeiten des allgemeinen Apothekenbetriebs nicht in externen Räumen vorgenommen werden. Für das – ausgelagert zulässige Verblisternen, die Zyto-Herstellung oder den Versandhandel – etwa gelte, dass die Räume ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden dürften. Für die übrigen Betriebsräume – etwa Offizin, Labor oder Nachtdienstzimmer – gebe es diese Einschränkung nicht, die Lagerung von Arzneimitteln in der Offizin sei zum Beispiel gängige Praxis.
Externe Lagerräume dürfen laut BVerwG daher auch für heimversorgende Tätigkeiten genutzt werden, solange die Lagerhaltung dadurch nicht gestört wird. Gleichzeitig darf die Trennung der Räume den Apothekenbetrieb nicht stören. Wie beim Versandhandel kann eine Apotheke mit Heimversorgung laut Gericht aber einen erhöhten Raumbedarf haben.
Die Arzneimittel vor Lieferung an die Heimbewohner zunächst in die Offizin zu bringen, ist aus Sicht des Gericht unnötig. Der Apothekenleiter und das Personal müssten auch bei externen Betriebsräumen ihren Kontrollpflichten nachkommen: Das Medikationsmanagement und die Beratung zu Arzneimitteln etwa dürfe auch im Lager nur von pharmazeutischem Personal durchgeführt werden.
Die beklagte Aufsichtsbehörde hatte eingewendet, es müsse „dem Entstehen großflächiger 'Logistikzentren' für die Heimversorgung entgegen gewirkt werden“. Das überzeugte das BVerwG nicht. Der Apotheker sei zur persönlichen Leitung verpflichtet, das beschränke auch den Abschluss von Heimversorgungsverträgen. Sei eine ordnungsgemäße Versorgung und Führung der Apotheke gewährleistet, unterliege die Größe externer Lagerräume nach der ApBetrO keiner Begrenzung.
Die Richter konnten jedenfalls keinen Mehrwert in einer Beschränkung der Nutzung der Lagerräume erkennen. Die Arzneimittelversorgung der Heimbewohner werde dabei nicht verbessert. Es liege auf der Hand, dass die Medikamente nicht in der Apotheke ausgehändigt würden, sondern im Heim.
Eine Aufweichung des Fremdbesitzverbots befürchten die Richter nicht. Die Nutzung eines Lagers für heimversorgende Tätigkeiten sei qualitativ nicht mit dem Betrieb einer Filialapotheke vergleichbar. Insbesondere beinhalte eine Lager keine Offizin, Publikumsverkehr sei daher ausgeschlossen.
Steinweg musste die Nutzung der externen Räume dennoch von der Aufsichtsbehörde genehmigen lassen, da diese von der ursprünglichen Betriebserlaubnis nicht erfasst seien. Die nachträgliche Inbetriebnahme eines externen Lagerraums setze jedoch keine Abnahme voraus, da es sich nicht um eine öffentliche Apotheke mit Publikumsverkehr handele, so der BVerwG.
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