Thüringen

Heilberufe: Sechs Forderungen an den Landtag

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Berlin -

In Thüringen sind die Sondierungsgespräche gestartet. Die Brombeer-Koalition – CDU, BSW und SPD – hat bereits ein Sondierungspapier vorgelegt. Thüringen soll zum 20-Minuten-Land werden, wenn es um die medizinische Versorgung geht. Doch die Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen hat weitere Forderungen an den Thüringer Landtag, um die Versorgung zu sichern.

Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker garantieren gemeinsam eine wohnortnahe, qualitativ hochwertige und kosteneffiziente Gesundheitsversorgung, heißt es im Positionspapier der Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen. Doch die Strukturen sind gefährdet. Um diese zu sichern und aufrecht zu erhalten, haben die Heilberufe klare Forderungen an die Politik, die zentrale Themen der politischen Arbeit werden sollen.

Das Positionspapier der Heilberufe mit dem Titel „Ambulante Versorgungsstrukturen jetzt stärken! Zeit zu handeln!“ beinhaltet sechs Forderungen. Die Zeit drängt, denn gesetzliche Rahmenbedingungen und überbordende Bürokratie engen den Handlungsspielraum der Heilberufe ein und Honorarerhöhungen sind längst überfällig. Die Folgen sind bereits spürbar – ein Ausdünnen der Versorgung in der Fläche und eine Verdichtung der Patientenanzahl in den verbliebenen Praxen und Apotheken. Es braucht eine grundsätzliche Wende sowie ein Verlassen des Sparkurses im ambulanten Bereich.

Ambulantisierung

Die Heilberufe fordern eine Stärkung der ambulanten Strukturen. Das Ziel: kostenintensive stationäre Strukturen entlasten und so die Kosten im Gesundheitswesen reduzieren. Dabei dürfen stationäre Strukturen nicht ambulantisiert werden, sondern bestehende ambulante Strukturen gestärkt werden.

Angemessene Finanzierung

„Die ambulante Gesundheitsversorgung muss angemessen finanziert werden“, lautet die Forderung. Inflationsausgleich und angemessene Anpassungen an die steigenden Betriebskosten seien dringend erforderlich, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Dass der gesetzliche Rahmen zur Anpassung der Finanzierung in der ambulanten Versorgung zu eng gefasst und beim Apothekenhonorar nicht vorhanden ist, führe seit Jahren zu faktischen Minusrunden in Praxen und Apotheken. Hinzukommen Leistungsversprechen der Kassen, die zu Mehrbelastungen der Leistungserbringer führen. Finanzmittel und Ressourcen stehen jedoch nicht zur Verfügung, um den gesetzlich vorgeschriebenen Versorgungsumfang zu erfüllen.

„Mehr Leistung für weniger Geld“ ist eine der Hauptursachen für Nachwuchsprobleme der ambulanten Versorger, von der Hilfskraft bis zum Approbierten. Darum müssen die Honorare der ambulanten Versorger jährlich unter vollständiger Berücksichtigung von Inflation, steigenden Personalkosten und Betriebsausgaben steigen.

Fachpersonal stärken

Die Gesundheitsberufe verlieren an Attraktivität – die Gehälter sind gering, die Arbeitsbelastung hoch und es fehlt an Perspektiven. Um die Abwanderung in andere Berufe zu verhindern, sind Anerkennung und auskömmliche Vergütung des Fachpersonals nötig. Dazu müssen ausreichend Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollen Karrierepfade weiterentwickelt und Anerkennungsverfahren entbürokratisiert und schnell umgesetzt werden.

Nachwuchsförderung

In Praxen und Apotheken fehlt der Nachwuchs. Zum einen liege dies an den schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zum anderen an der mangelhaften staatlichen Unterstützung der Nachwuchskräfte in der Ausbildung sowie an der zu geringen Zahl an zur Verfügung stehenden Studienplätzen in den Approbationsstudiengängen. Apotheker in Thüringen fordern seit Langem einen Ausbau der Studienkapazitäten in Jena. Die Gemeinschaft der Heilberufe fordert eine signifikante Erweiterung der Studienplatzkapazitäten und eine verbesserte Förderung der Ausbildung in den Heilberufen in Thüringen.

Entbürokratisierung

„Der übermäßige bürokratische patientenferne Aufwand belastet die Praxen und Apotheken erheblich“, so die Heilberufe. „Eine spürbare Entlastung durch sinnvolle und praxisnahe Regelungen ist überfällig.“ Wertvolle Zeit, die für die Versorgung der Patienten nötig ist, geht durch die Überregulierung verloren. Die Forderung: Nachweis-, Übermittlungs- und Veröffentlichungspflichten aus dem SGB V sowie Aufbewahrungsfristen, Anzeige-, Antrags- und Dokumentationspflichten heilberuferelevanter Verordnungen auf ein sinnvolles Maß reduzieren, Redundanzen ausschließen, Informationen behördenübergreifend vernetzen und Verfahren effektivieren.

Digitalisierung

Die Digitalisierung kann die Versorgung verbessern, muss aber auf die Bedürfnisse der Versorger und Patienten ausgerichtet sein, heißt es. Das Fortschreiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen werde durch unausgereifte, fehlerhafte Technik und Anwendungen, die Praxen und Apotheken erheblich belasten, behindert, Hinzukommen drohende Sanktionen, Regress- und Retaxrisiken. Zudem decken die von der Bundesregierung beschlossenen finanziellen Unterstützungen bei Weitem nicht die Kosten, die den Praxen und Apotheken entstehen.

Digitale Anwendungen müssen benutzerfreundlich, funktional und datensicher sein. Zudem sollen Daten zur Patientensteuerung in heilberuflicher Hand bleiben, lautet die Forderung. Die elektronische Patientenakte muss weiterentwickelt und Mindestanforderungen für Praxis- und Apothekenverwaltungssysteme definiert und durchgesetzt werden.

Zur Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen gehören:
Gemeinschaft Gebietsärztliche Hausärztinnen- und Hausärzteverband
Berufsverbände Thüringen
Landeszahnärztekammer Thüringen
Kassenzahnärztliche Vereinigung Thüringen
Kassenärztliche Vereinigung Thüringen
Landesverband der Freien Berufe
Verband medizinischer Fachberufe
Thüringer Apothekerverband
Landesapothekerkammer Thüringen
ADEXA – Die Apothekergewerkschaft Verband medizinischer Fachberufe
Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV), Landesverband Thüringen
Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Landesgruppe Thüringen

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