HAV-Petition: Mehr als 40.000 Unterschriften gegen Light-Apotheken Lilith Teusch, 08.07.2024 15:17 Uhr
Seit dem 1. Juli ist die Petition des Hessischen Apothekerverbandes (HAV) online. Das Ziel von 30.000 Unterschriften hat die Petition bereits nach einer Woche geknackt: Mehr als 40.600 Mal wurde sie bereits unterzeichnet. Nicht nur in Hessen wird fleißig unterschrieben, auch die Zahl der Unterstützenden in anderen Bundesländern ist hoch. Auch in Nachbarländern wie Österreich, der Schweiz oder den Niederlanden finden sich Unterzeichnende.
Mehr als 40.000 Unterstützer:innen hat die Petition des HAV unter dem Motto „Gegen das geplante Apothekenreformgesetz – keine ‚Apotheken ohne Apotheker!‘“ bereits erhalten. Rund 10.000 Unterschriften sind aus Hessen eingegangen. Aber auch die anderen Bundesländer ziehen nach: In Baden-Württemberg wurde die Petition mehr als 7000 Mal unterzeichnet, in Nordrhein-Westfalen und Bayern sind es jeweils rund 5000 Unterschriften. Auch in der Hauptstadt und Hamburg gibt es mehrere hundert Unterstützer:innen.
Doch selbst außerhalb der Bundesrepublik unterzeichnen Menschen: In der Schweiz und in Österreich haben sich jeweils knapp 30 Unterstützer:innen gefunden, in Frankreich waren es rund zehn. Selbst in den USA wurde die Petition dreimal unterzeichnet, eine Unterschrift kam sogar aus Brasilien.
„Ich bin überwältigt von der großen Resonanz auf unsere Unterschriftensammlung und dankbar für die hohe Solidarität der Patientinnen und Patienten“, so der HAV-Vorsitzende Holger Seyfarth. „Sie haben erkannt, dass die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Apotheken ohne Apotheker einen Systemwechsel bedeuten.“ Die Bürger:innen verstünden, dass dieses Reformvorhaben am Ende nicht die Gesundheit der Menschen und die Arzneimittelsicherheit stärke, sondern Apotheken mit kompetenter Beratung und umfassenden Gesundheitsdienstleistungen zu reinen Abgabestellen für Medikamente degradiere, so Seyfarth.
Die Resolution der Apothekerschaft sei auch deshalb so wichtig, weil sie allen Politiker:innen den Rücken stärke, die sich massiv für das Patientenwohl und gegen das umstrittene Reformvorhaben engagieren. Rückendeckung bekam die Apothekerschaft unter anderem von Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und der hessischen CDU. Zudem wurde letzte Woche ein Gutachten des Kölner Rechtswissenschaftlers Dr. Stephan Rixen bekannt, laut dem Teile der geplanten Reform verfassungswidrig sind.
Rund 14.500 Kommentare
Bei den Unterschriften bleibt es nicht: Über 14.550 Kommentare finden sich aktuell auf der Petitionsseite. „Die Apotheker unterstützen mit ihrem fundierten pharmazeutischen Wissen die sichere flächendeckende Arzneitherapie. Ohne diese wird sich die Versorgung der Patienten deutlich verschlechtern. Warum muss ein gutes bestehendes System derart zerstört werden?“, schreibt eine Unterstützerin aus Bobingen, einer Stadt in Bayern.
„Die Arzneimittelversorgung ist eine tragende Säule des Gesundheitssystems in Deutschland. Sie geht weit über die Logistik und Distribution hinaus. Diesen Teil zu destabilisieren, bedeutet eine Abkehr von der heilberuflichen und individuellen Patientenversorgung hin zu einer kapitalorientierten Versorgung durch Großkonzerne“, betont ein anderer aus Olfen in Nordrhein-Westfalen.
„Hat Herr Lauterbach daran schon mal gedacht?“
Die Apotheke ohne Apotheker ist nicht nur für viele Apotheker und Patienten undenkbar, auch PTA kritisieren die Maßnahme des Gesundheitsministers. „Apotheken ohne Apotheker sind für mich undenkbar. Ich bin selbst PTA und bin immer froh, wenn ich mich hilfesuchend an meinen Apotheker:in wenden kann. Die Ausbildung der PTA ist für solch eine große Verantwortung einfach veraltet und nicht ausreichend gut. Der Apotheker studiert 6 Jahre und eine PTA geht 2 Jahre auf die Schule.... Hat Herr Lauterbach daran schon mal gedacht?“, betont eine PTA aus Treffurt in Thüringen.
„Ich arbeite als PTA in einer Apotheke. Die Kompetenzen sind klar geregelt. Und das ist auch gut so. Die Approbierten haben ein sehr umfangreiches Studium absolviert und verfügen über ein sehr breites und tiefes Wissen. PTAs wissen zwar auch viel, aber nicht vergleichbar tief wie die Approbierten. Das Studium geht in der Realität dann mit viel Verantwortung einher. Die Qualität der Arzneimittelversorgung wird massiv leiden, wenn das Hintergrundwissen in der Tiefe nicht mehr überall verfügbar ist. Ich persönlich möchte jederzeit einen Apotheker:in in meiner Nähe wissen“, schreibt eine PTA aus München.
Auch Ärzte unterstützen das Anliegen der Apothekerschaft: „Der menschliche Kontakt in der Beratung zur Einnahme eines Medikaments ist außerhalb des ärztlichen Sprechzimmers auch ein wesentlicher Pfeiler in der Fürsorge und für die Gesundheitskompetenz des Patienten“, schreibt ein Allgemeinmediziner aus Hamburg.
Zahl der Unterstützer wächst weiter
Die Unterschriftensammlung läuft derweil ungebremst weiter. Allein heute sind auf OpenPetition rund 1700 Unterschriften dazu gekommen. „Wir sind gerade erst am Anfang unserer Bemühungen und Protestmaßnahmen, dieses Gesetzesvorhaben zu stoppen. Bereits nächste Woche stehen weitere Gespräche mit wichtigen Politikerinnen und Politikern auf Landes- und Bundesebene an. Die wachsende Anzahl von Unterschriften besorgter Bürgerinnen und Bürger nehmen wir als Rückenwind mit in diese wichtigen Treffen“, kündigt Seyfarth an.