Draußen ist es kalt und nass, die Erkältungszeit ist in vollem Gange. Die Wartezimmer der Hausarztpraxen sind voll. Ein Verbandsvertreter wünscht sich andere Schwerpunkte – und mehr Hilfe an der Seite seiner Hausarzt-Kollegen.
Der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Sachsen-Anhalt, Stefan Andrusch, wünscht sich für seine Kollegen weniger unnötigen Ballast und mehr Zeit für schwierige Fälle. Mit Bagatellerkrankungen wie einem grippalen Infekt oder einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für ein paar Tage müsse sich aus seiner Sicht nicht unbedingt ein Hausarzt beschäftigen, sagte
Andrusch vor einem Verbandstreffen in Wernigerode.
Er wünscht sich, dass gut fortgebildeten Praxisassistentinnen noch besser eingebunden werden. Sie könnten etwa entscheiden, ob jemand zum Arzt muss oder sich selbst auskurieren kann.
In Schweden könnten die Menschen eine Woche ohne Bescheinigung zu Hause bleiben, wenn sie sich nicht fühlten. „Wir als Hausärzte brauchen die Zeit für die wirklichen Probleme etwa bei den multimorbiden und betagten Patienten.“ Andrusch nannte als Beispiel Diabetiker, bei denen Herzbeschwerden dazu kämen.
Die Zahl der Hausärzte in Sachsen-Anhalt liege zwar sei mehreren Jahren recht konstant bei 1400, die sinkende Arbeitszeit schaffe aber die Kapazitätsprobleme. Immer mehr Ärzte arbeiteten in Teilzeit, sagte Andrusch, der selbst in Halberstadt praktiziert.
Wichtig ist aus seiner Sicht, dass Hausärzte noch stärker eine koordinierende Funktion wahrnehmen und bei ihnen alle Informationen zusammenlaufen. So würden auch die Fachärzte entlastet um Patienten, die dort eigentlich nicht hingehörten. Andere bekämen deutlich schneller Termine. An dem hausarztzentrierten Modell seien in Sachsen-Anhalt schon mehr als 600.000 Patienten beteiligt, sagte Andrusch. „Wir müssen da noch vorankommen.“ In Dänemark habe man – dank finanzieller Anreize für die Patienten – eine Quote von 90 Prozent erreicht.
Zum Hausärztetag Sachsen-Anhalt kommen von diesem Freitag bis Sonntag laut Andrusch voraussichtlich mehr als 500 Teilnehmer zusammen. Es geht um fachliche Weiterbildung, aber auch um die Gesundheitspolitik.
Etwa 50 Hausarztpraxen würden jährlich an Nachfolger übergeben. In städtischen Regionen sei das einfacher, auf dem platten Land aber deutlich schwieriger. Einen guten Ansatz sieht Andrusch in den Hausarztklassen an den Unis Halle und Magdeburg. In Magdeburg hatten zuletzt 13 Studierende in dem Programm begonnen und werden jeweils von einem Hausarzt als Mentor betreut. Etwa die Hälfte komme vom Land, sagte Andrusch. Damit würden die Studenten jetzt abgeholt, es gebe in Halle schon gute Erfahrungen mit der Hausarztklasse. Andrusch hält es für bedenkenswert, Medizinern, die sich für das Land entscheiden, 10 Prozent mehr zu zahlen.
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