Sorge vor Panikmache der Kassen

Hausärzte gegen Apotheken-Sprechstunden

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Berlin -

Die Referentenentwürfe für das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz stoßen auf wenig Zustimmung beim Deutschen Hausärzteverband. Dass Krankenkassen auf der Grundlage von Versichertendaten Warnungen an Patient:innen ausspielen sollen, müsse auch rechtlich intensiv geprüft werden, so der Bundesvorsitzende Dr. Markus Beier. Und auch die Videosprechstunden in der Apotheke kommen nicht gut an.

„Die nun bekannt gewordenen Referentenentwürfe sind nach einer ersten Bewertung alles in allem enttäuschend“, so Beier. In Teilen seien die Pläne sogar „schlichtweg haarsträubend“.

Die elektronische Patientenakte (ePa) soll wie angekündigt als Opt-Out-Variante angeboten werden, das könne laut Beier „eine echte Bereicherung“ sein. Es sei aber notwendig, die ePa „schnell und möglichst automatisiert“ befüllen zu können – wenn es so bleibe wie bisher, „wird die ePa zum Rohrkrepierer“, so Beiers Einschätzung. Die ePA dürfe nicht zum Zeitfresser in den Hausarztpraxen werden, daher seien auch „jegliche Überlegungen, dass Patientinnen und Patienten die Zugriffsrechte auf ihre ePa in den Praxen verwalten können, klar abzulehnen.“

Krankenkassen sollen sich raushalten

Krankenkassen sollen zukünftig auch zur Arzneimitteltherapiesicherheit und Gesundheitsprävention beitragen – das Ausspielen von Warnungen an Patient:innen auf Grundlage von Versichertendaten ist laut Beier „alarmierend“. „Hier soll es dann einen Hinweis geben, sich schnellstmöglich an eine Ärztin oder einen Arzt zu wenden. Das würde dazu führen, dass die Menschen eine unspezifische Warnung von ihrer Krankenkasse erhalten, die viele nachvollziehbarerweise verängstigen wird – ohne dass ersichtlich ist, worum es überhaupt geht. Das Ganze soll außerdem auch noch ohne ausdrückliche Zustimmung der Patientinnen und Patienten möglich sein. Versicherte müssten dem aktiv widersprechen. Das ist ein sehr weitgehender Eingriff, der mit Sicherheit auch rechtlich intensiv geprüft werden muss“ so Beier.

Krankenkassen seien insbesondere daran interessiert, Kosten zu sparen und hätten sich bislang daher im Interesse der Patient:innen bei medizinischen Fragen rausgehalten. „Dieses bewährte Prinzip wird fahrlässig über Bord geworfen“, so Beier weiter.

Assistierte Telemedizin „unausgegoren“

Eine weitere geplante Leistung ist die „assistierte Telemedizin“ in Apotheken, diese hält Beier für „absolut unausgegoren“: „Statt die hausärztliche Versorgung in der Fläche zu stärken, sollen die Kolleginnen und Kollegen jetzt vor dem Bildschirm sitzen und darauf warten, dass sich eine Apotheke mit einer Frage meldet“, so der Bundesvorsitzende. Das sei weltfremd, fresse die knappen ärztlichen Ressourcen und mache die Versorgung noch unübersichtlicher als ohnehin schon.

„Die bisher geltende Begrenzung der Videosprechstunden auf maximal 30 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit komplett aufzuheben, betrachten wir als Fehler“, so Beier weiter. Eine Erhöhung auf 50 Prozent sei aus Hausärzt:innen-Sicht sinnvoller, „so sind nun der Call-Center-Medizin durch kommerzielle Anbieter, die ausschließlich Videosprechstunden im Portfolio haben, Tür und Tor geöffnet“, befürchtet er.

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