Ministerpräsident besucht Apotheke

Haseloff: „Bund muss Apotheken finanzieren"

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Berlin -

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) positionierte sich vehement gegen eine Apotheke ohne Approbierte. Das machte er beim Besuch in der Apotheke am Bahnhof in Halberstadt von Inhaber Ulrich Grosch deutlich.

„Ich kann einen Mangel nicht durch einen Mangel ersetzen und ihn dann als innovative Lösung verkaufen. Wenn pharmazeutisch technische Angestellte (PTA) eine Apotheke light führen sollen, so ist das Illusion“, meint Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt (AKSA). Genau wie Approbierte seien auch PTA Mangelware. „Ich weiß nicht, warum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vehement versucht, einen gesamten Berufsstand zu zerstören. Zu Kosteneinsparungen wird es definitiv nicht führen.“

Stattdessen drohten mit der geplanten Apothekenreform höhere Kosten für das Gesamtsystem, mahnt Münch, denn das Apothekensterben werde weiter voranschreiten. Die finanzielle Lage sei brisant, weshalb man Kontakt mit Haseloff aufnahm. In einem Brandbrief schilderte die Kammer die Situation und der Ministerpräsident griff dies auf.

Haseloff ließ sich bei seinem Besuch zunächst die umfangreiche Arbeit eines Apothekenteams zeigen. Das Team machte dabei auch deutlich, dass die Aufgaben nicht entsprechend entlohnt werden. „Dabei braucht es dringend eine Perspektive, besonders für unsere jungen Apotheker, damit diese eine Apotheke übernehmen oder neu gründen“, fordert Münch.

Bund in der Pflicht

„Wir bewegen uns im Gesundheitswesen im sensiblen Bereich der politischen Stimmungslage. Die Menschen erwarten zu Recht eine gute Gesundheitsversorgung und -betreuung. Apotheken sind ein solider Grundbaustein, der flächendeckend erhalten bleiben muss“, so Haseloff beim Besuch. Das sichere auch die Demokratie der politischen Mitte. „Ich sehe den Bund in der Pflicht, für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen und darüber hinaus die gesetzlichen Krankenkassen von sachfremden Leistungen zu entlasten.“

Münch ging auch auf das bereits durch das Bundeskabinett verabschiedete Notfall-Gesetz ein, welches unnötig teure Doppelstrukturen schaffe und das derzeit bestehende sehr gut funktionierende flächendeckende Notdienstsystem der Apotheken gefährde. „50 Prozent der Patienten kommen im Notdienst zuerst in die Apotheke. In vielen Fällen können wir direkt helfen. Wenn diese Patienten wegen der dort vorgesehenen zusätzlichen Apotheke zuerst das integrierte Notfallzentrum aufsuchen, dann werden viele auch den Arzt bemühen, um sich ihr Arzneimittel verschreiben zu lassen. Das führt unweigerlich zu höheren Kosten und Belastungen für die Ärzte“, so Münch.

Hochpreiser und Skonto

Beim Termin waren zudem Ursula Gütle vom Landesapothekerverband und Heike Brehme, die für die CDU im Bundestag sitzt. Gütle führte an, dass Skonti wieder erlaubt werden müssten, da das Urteil zusätzlich die Einnahmen reduziere. „Heute muss eine Apotheke vor der Abgabe hochpreisiger Arzneimittel rechnen, ob sie sich betriebswirtschaftlich leisten kann, ihre Patienten zu versorgen. Denn die Vorfinanzierung eines teilweise sehr teuren Medikamentes kann zu Negativeinnahmen der Apotheke führen. Ein unhaltbarer Zustand“, so Gütle.

Patient:innen müssten dann Apotheken suchen, die es sich die Hochpreiser-Abgabe überhaupt noch leisten könnten. Auch eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel von derzeit 19 auf 7 Prozent könne helfen, die Gesundheitskosten zu senken.

„Die Missachtung unseres Berufsstandes durch die Bundespolitik muss endlich aufhören. Unser Credo: Man kann mit uns sparen und nicht an uns. Wir können helfen, Krankenhauseinweisungen durch Therapietreue, Medikamentenmanagement und niedrigschwellige Beratung zu minimieren. Das hilft definitiv, Kosten im Gesundheitswesen einzusparen. Ich verstehe nicht, warum das die Bundespolitik nicht erkennt und unsere Kompetenz nutzt“, so Münch abschließend.

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