Positionspapier

Hartmann im BMG: Rx-Versand erhalten

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Berlin -

Nicht nur die ABDA hat Jens Spahn (CDU) empfangen. Jetzt sprach auch Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), im Gesundheitsministerium vor. Der Austausch mit Abteilungsleiter Thomas Müller dauerte 90 Minuten. Dabei legte Hartmann ein Positionspapier vor, in dem er sich gegen ein Rx-Versandverbot ausspricht. Das dürfte der ABDA nicht gefallen, zumal mit dem MVDA bereits eine der größten Apothekenkooperationen ausgeschert war.

Ein Rx-Versandverbot „löst nicht abschließend die tatsächlichen Probleme“ des EuGH-Urteils, heißt es im Positionspapier des BVDAK, das Hartmann im BMG mit Müller besprach. „Vielmehr kann der Versandhandel in Einzelfällen eine sinnvolle Ergänzung zum Angebot der Präsenzapotheken darstellen.“

Mit seinem Positionspapier zeige der BVDAK, dass er die Weiterentwicklung des Apothekenwesens aktiv mitgestalten wolle. „Schließlich gehe es um die Zukunft von knapp 20.000 stationären Apotheken sowie der darin beschäftigten Mitarbeiter“, so Hartmann anschließend. Sein Verband nehme kein Blatt vor den Mund, nenne konkrete Probleme und mache realistische Lösungsvorschläge in insgesamt elf Themenfeldern. „Anders als die Standesführung habe man einen innovativen Blick auf die Fragen der Zeit.“

Voraussetzung für den Fortbestand des Rx-Versandhandels sei jedoch, dass versendete Arzneimittel und deren Anbieter nicht besser gestellt würden und die Ungerechtigkeit durch die Entscheidung des EuGH vom 19. Oktober 2016 behoben werde. Ausländische Versandapotheken müssten dem Rahmenvertrag mit den Kassen ausdrücklich beitreten. Hartmann ist davon überzeugt, dass eine rechtssichere Gleichbehandlung von Versandapotheken unabhängig von ihrem Sitz möglich ist. „Zudem ist der BVDAK der Auffassung, dass der Verbraucher entscheiden sollte, auf welchem Weg er seine Arzneimittel beziehen möchte“, heißt es in dem Positionspapier.

Festhalten will der Verband an der Apothekenpflicht, der freien Arzt- und Apothekenwahl, am Kollektivvertragssystems und am Fremd- und Mehrbesitzverbot. Die Apotheken in Deutschland seien aber bereit, sich den ändernden Rahmenbedingungen zu stellen. Es stehe das Angebot der Apotheken, sich als erster Ansprechpartner für allgemeine Fragen zur Gesundheit unterhalb der Ärzteschaft zu positionieren, insoweit Verantwortung für die Versorgung im jeweiligen Umfeld der Apotheke zu übernehmen auch dort wahrzunehmen, wo keine Ärzte mehr zur Verfügung stehen, heißt es weiter.

Beibehalten will der BVDAK das packungsbezogene Honorar, Hartmann verlangt aber eine Erhöhung. Auch das Honorargutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) komme zu dem Ergebnis, dass die Apotheken insgesamt zu wenig Honorar erhalten. „Dieser Punkt wurde in der öffentlichen Diskussion leider bisher nicht angemessen berücksichtigt, da nur die vermeintlich zu hohe packungsbezogene Honorierung betrachtet wurde, die erheblichen Defizite im Zusammenhang mit anderen Leistungen jedoch unberücksichtigt geblieben sind“, so das Positionspapier. Für nicht „zielführend“ hält Hartmann Bestrebungen, die Honorierung der Apotheken kleinteilig in eine Vielzahl von Leistungen aufzuspalten.

Die Digitalisierung versteht der BVDAK als „Chance für die stationären Apotheken“. Die Apotheken seien derzeit nicht gut aufgestellt. Im Moment gebe es faktisch 20.000 Insellösungen. Es fehle die digitale Vernetzung der Apotheken untereinander. Nach Auffassung des BVDAK lässt sich eine Vernetzung relativ schnell mit Hilfe der Rechenzentren realisieren: „Damit aber stationäre Apotheken an Zukunftsprojekten wie E-Rezept und dem Abgleich von Verschreibungsdaten zwischen verschreibendem Arzt und Apotheke teilnehmen können, ist eine digitale Vernetzung untereinander Grundvoraussetzung.“

Alle Apotheken sollten „warenwirtschaftsübergreifend miteinander verbunden werden“, fordert der BVDAK. Ein Patient solle auch mit der Kundenkarte einer süddeutschen Apotheke bei einer Apotheke in Norddeutschland einkaufen können. Die Medikationsdaten würden auf einem sicheren Server der Apothekerschaft gespeichert. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, könnten die stationären Apotheken so ein nachhaltiges Medikationsmanagement sicherstellen. Notfalls müsse die Politik dafür sorgen, „dass Apotheken hier künftig zusammenarbeiten müssen“.

Auch eine einheitliche Apotheken-App sei eine große Chance für die stationären Apotheken. Die Digitalisierung und die mobilen Anwendungen seien „unaufhaltsam“, daher sei die Entwicklung einer einzigen, apotheken- und warenwirtschaftsübergreifenden App, mit der der Patient alle Einkäufe im Turnus 24/7 vollständig abwickeln kann, künftig unverzichtbar. Die Verfügbarkeit der Produkte lasse sich damit am Inhalt eines Kommissionierautomaten innerhalb der Apotheken prüfen, auch die Abholung sollte rund um die Uhr jederzeit möglich sein.

Ziel müsse es sein, die Apotheken als ersten Ansprechpartner für allgemeine gesundheitliche Anfragen und Arzneimittel zu etablieren. Hierzu gehöre auch die umfassende Zurverfügungstellung von objektiv geprüften und somit für den Patienten verlässlichen Informationen. „Apotheken genießen ein hohes Vertrauen. Auf dieses Vertrauen ist aufzubauen“, so der BVDAK.

Digitale Rezeptsammelstellen und Apotheken-Abholfächer zählen für den BVDAK ebenfalls als „sinnvolle Ergänzung im Sinne einer patientennahen Dienstleistung“: „An 24/7-Tagen für den Patienten da, zu jeder Zeit. Die Alternative zum Botendienst und zum Versand liegt klar auf der Hand.“ Abholfächer für den mobilen Kunden seien zukunftsfähig und könnten einen Beitrag zur schnellen Arzneimittelversorgung leisten. Auch digitale Rezeptsammelstellen seien für eine Übergangsfrist eine Chance zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung.

Der BVDAK fordert, dass den gesamte Bereich der Telemedizin und der elektronischen Verordnung „dringend gesetzlich“ zu regeln. Werde dem Patienten als Teil der telemedizinischen Behandlung ein Rezept ausgestellt, so müsse er allein entscheiden dürfen, „in welcher Apotheke er beraten werden und sein Medikament abholen möchte“.

Qualifizierte und entsprechend ausgestattete Apotheken sollen laut BVDAK Grippeimpfungen und andere Standardimpfungen durchführen dürfen. Bereits in zwölf europäischen Ländern seien Grippeimpfungen durch Apotheker erlaubt.

Zur Regelleistung erweitern will der BVDAK den Botendienst. „Der Botendienst sollte zur Alternativversorgung werden, um eine umfassende Versorgung und damit ein flächendeckendes Netz anbieten zu können“, so das Positionspapier. Nicht zuletzt um im Wettbewerb mit Versandapotheken bestehen zu können, müsse dieser Weg der Liberalisierung der wohnortnahen Versorgung durch Präsenzapotheken weiter beschritten werden. Eine gesonderte Vergütung hierfür müsse dem Apotheker möglich sein.

Außerdem fordert der BVDAK mehr Flexibilität beim Notdienst: Es sollte künftig möglich sein, Notdienste innerhalb eines Notdienstkreises untereinander und einvernehmlich und damit komplikationslos und schnell zu tauschen. Der Tausch sollte nicht genehmigungspflichtig, sondern anzeigepflichtig sein. Filialverbünde innerhalb eines Notdienstkreises sollten die Notdienstapotheke „frei“ wählen dürfen. „Eine weitere Anhebung des Notdiensthonorars ist unerlässlich, damit die flächendeckende Notdienstversorgung auch weiterhin aufrechterhalten werden kann“, so das Positionspapier.

Aufwerten will der BVDAK auch den PTA-Beruf. Nach speziellen, regelmäßigen Fortbildungen könnten PTA in der Rezeptur oder in anderen Bereichen, Aufgaben der Apotheker übernehmen. Die Attraktivität des Berufs würde damit gesteigert werden. Es sei auch nicht ersichtlich, warum Alten- und Krankenpfleger, die in entsprechenden Einrichtungen Arzneimittel stellen dürfen, oder Krankenschwestern, die möglicherweise Impfungen durchführen, diese Tätigkeit nicht in einer Apotheke ausüben dürfen sollen.

Zu den Mitgliedern des BVDAK gehören die Verbünde Pharma Privat, Migasa, 1A-Gesund, Farma-Plus, Cura-San, Curadies, Avie, Apogen, Bären-Apotheken, Apodirekt, Medicon, Elac Elysée, Eigens, Easy, Gesund leben, Parmapharm, Wir leben und ApoSanitas. Fördermitglieder sind diverse Dienstleister der Apotheken.

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