Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), Dr. Stefan Hartmann, hat sich klar gegen die Einführung eines Boni-Deckel ausgesprochen. Damit drohe der Ruin vieler Apotheken: „Ein Boni-Deckel von beispielsweise 2 Euro, aber auch eine Kürzung des Großhandelshonorars, würde dazu führen, dass den Apotheken fast sämtliche Gewinne wegbrechen würden“, betonte Hartmann mit Bezug auf das vom Bundesgesundheitsministerium vergebene Gutachten zur Folge der Aufhebung der Rx-Preisbindung: „Ohne die wirtschaftliche Lage der Apotheken genau zu kennen, soll in einem Gutachten die Boni-Deckelung ins Spiel kommen.“
Ein neues Spahn-Gutachten könnte eine Boni-Deckelung bringen. Das schnelle Aus für zahlreiche Apotheken wäre die Folge, fürchtet der BVDAK. Die begrenzte Aufhebung der Rx-Preisbindung komme nun doch wieder auf die Tagesordnung. Der BVDAK habe schon in den Vorjahren die alten Pläne von Jens Spahn (CDU), Edgar Franke und Sabine Dittmer (beide SPD) nach einer Boni-Deckelung von 1,50 Euro bis 2,00 Euro scharf kritisiert. Den Gesundheitspolitikern in Deutschland und noch mehr in Brüssel scheine die wirtschaftliche Lage der Vorort-Apotheken gar nicht präsent zu sein, so Hartmann weiter.
Die Zahl der Betriebsstätten habe sich in den letzten Jahren um mehr als 2000 reduziert, 8000 der 19.000 Apotheken seien in Filialverbünden zusammengeschlossen. Etwa 30 Prozent der Apotheken befänden sich mit einer Umsatzrendite von weniger als vier Prozent im betriebswirtschaftlich kritischen Bereich, 20 Prozent lägen oberhalb von acht Prozent, die restlichen 50 Prozent dazwischen. Bei einem Boni-Deckel von 2 Euro gehe es um Beträge von zum Teil über 10.000 Euro im Monat und Apotheke. „Im Ergebnis würde das zu betriebswirtschaftlich tief rote Zahlen führen“, so Hartmann weiter. Schon im Herbst habe eine repräsentative Umfrage gezeigt, dass fast 80 Prozent der Inhaber die wirtschaftliche Lage als „etwas“ bis „deutlich“ schlecht einschätzten.
Die schönen Worte von Spahn über „die Landapotheke als ein Stück Heimat helfen uns jetzt nicht weiter“, so der BVDAK-Vorsitzende: „Die Politik muss anerkennen, dass wir existenziell auf die Rabatte/Boni seitens der Industrie und des Großhandels angewiesen sind. Das ist bittere Realität und liegt an einer jahrelangen Nichterhöhung des Honorars. Daher benötigen wir nach so vielen Jahren der Nichterhöhung, analog zu den Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeberufen dringend ein höheres Honorar.“ Der BVDAK fordert einen runden Tisch mit Apothekerschaft, Großhandel und Politik.
Zu Jahresbeginn war bekannt geworden, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Gutachten zur teilweisen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung und der Gewährung von Rx-Boni in Auftrag gegeben. Das schürte Ängste in der Branche. Laut BMG soll das Gutachten allerdings die Datengrundlage schaffen, um das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) zu retten.
„Wir brauchen Daten, um vor Gericht und in Brüssel zu bestehen“, erklärte ein BMG-Sprecher. Denn es herrschen berechtigte Zweifel daran, dass die EU-Kommission das geplante Rx-Boni-Verbot im GKV-Sektor absegnen wird. Das weiß man auch in der Friedrichstraße und will sich nun nach eigenen Angaben argumentatives Rüstzeug holen. „Die Bundesregierung befindet sich zur Zeit zum Gesetzentwurf in der Kabinettfassung in Abstimmungsgesprächen mit der Kommission“, so das BMG. „Das beauftragte Gutachten zur Bedeutung der Preisbindung für den Apothekenmarkt und für das gesamte Gesundheitswesen in Deutschland unterstützt die Gesetzesinitiative von Bundesminister Spahn mit empirischen Daten.“
Bereits im November hat das BMG das Iges-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit der Erstellung eines ökonomischen Gutachtens zum Apothekenmarkt beauftragt, wie das Bundesgesundheitsministerium Anfang Januar auf Nachfrage bestätigte. „Das Gutachten befasst sich mit den möglichen Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung beziehungsweise der Gewährung von Boni bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, so ein BMG-Sprecher. Mit der Fertigstellung des Gutachtens rechnet das BMG bis Mitte des Jahres.
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