Hamburg

Graue liest ABDA die Leviten Christoph Süß, 26.06.2015 12:38 Uhr

Hamburg - 

Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, hat auf dem gemeinsamen Sommerfest mit der Kammer heftige Kritik an der ABDA geübt. Weder an den Entscheidungen zum Berliner Apothekerhaus noch an der politischen Interessenvertretung auf Bundesebene ließ Graue ein gutes Haar.

„Wir haben viele Fragen und bekommen immer seltener Antworten“, sagte Graue. Zur Diskrepanz zwischen den Jahresberichten der ABDA und der nüchternen Realität für die Apotheker fragte er in die Runde im Garten des Hamburger Apothekerhauses: „Gibt es da Vorgänge, die vielleicht mit Absicht oder ohne Absicht vergessen wurden?“

„Man baute, was man bauen wollte“, fasste Graue die Odyssee der ABDA zwischen Frankfurt, Bonn und Berlin zusammen – „koste es, was es wolle“. Das wertträchtige Palais in der Jägerstraße sei „gerade gut genug gewesen, um dem präsidialen Anspruch gerecht zu werden“. Dass es sich später als unbrauchbar herausstellte, sei „ein Spiegelbild des berufspolitischen Geschehens“. Graue hatte 2001 gegen den Kauf des Mendelssohn-Palais gestimmt.

Dass durch den abermaligen Umzug der ABDA in Berlin das Geld der Landesverbände verbrannt wird, kommentierte Graue mit einem Zitat des preußischer Generalfeldmarschalls Gebhard von Blücher: „Auf fremdem Arsch ist gut durchs Feuer reiten.“ Notfalls könne die ABDA ja auch nach Hamburg umziehen. „Hier im Hause herrscht Solidität und Bodenständigkeit seit 80 Jahren“, so Graue.

Die Interessenvertretung in Berlin kommentierte Graue ebenfalls. Zum arztzentrierten Medikationsplan im handwerklich missglückten E-Health-Gesetz seien „jetzt die Rettungsschwimmer unterwegs, damit er nicht völlig den Bach runter geht“. Bei den Hilfsmitteln sprach Graue von einem Debakel: Wer sich nach fünf Jahren einer erneuten Präqualifizierung stelle, müsse „Masochist“ sein.

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen übte vor allem Kritik an der Gesundheitspolitik und forderte eine höhere Vergütung für die Apotheker: „Ich fordere die Politik in Berlin auf, die Geiz-ist-geil-Politik sofort einzustellen.“ Wer immer mehr Leistungen bestelle, müsse dafür auch das nötige Geld bereit stellen. „Die Leistung folgt dem Geld, nicht andersherum“, zitierte er den Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery.

Das Perspektivpapier 2030 der ABDA findet Siemsen gelungen. Die Heilberufler müssten sich stärker vernetzen und vor allem vor Ort enger zusammenarbeiten. Dafür sei jedoch mehr Kommunikation nötig. „ARMIN muss die Regel werden“, forderte Siemsen. Nur so erhielten Patienten eine optimale Therapie. Bei den Heilberuflern herrsche im Übrigen gegenseitiger Respekt. Dies sei bei den Marktpartnern nicht immer der Fall. Ihnen warf er vor, ihre Macht zu missbrauchen.