Der Hamburger Apothekerverein und AOK Rheinland/Hamburg streiten um die Hilfsmittelversorgung. Nach der – aus Sicht der Apotheker rechtswidrigen – Kündigung des Vertrags hatte der Verein gewarnt, dass die AOK die Versorgung der Versicherten aufs Spiel setze. Der Beschwerdebrief eines Stomapatienten an den Vorstand der AOK scheint diese Befürchtung zu bestätigen.
In dem Schreiben kritisiert der 89-jährige Patient, dass die AOK ihm mit der Neuordnung der Versorgung „das Grundrecht auf Wahlfreiheit der Einlösung eines ärztlichen Rezepts“ nehme. Ihm sei als einzig möglicher Versorger ein Sanitätshaus vorgeschrieben worden. Dadurch sei ihm die Möglichkeit genommen worden, eine der vier Apotheken in seinem unmittelbaren Umfeld aufzusuchen.
Der Patient beschreibt in dem Brief, was bei der Versorgung durch dieses Sanitätshaus schief gegangen ist. Er hatte das Rezept Ende Juni erhalten und ihm war telefonisch zugesagt worden, dass alle Artikel vorrätig seien. Zehn Tage später rief er erneut an und erfuhr, dass sein Rezept „nicht vorliege, nicht im Computer sei und überhaupt nicht auffindbar sei, da die zuständige Sachbearbeiterin krank sei“, berichtet der Patient.
Zwei Tage später wurde ihm mitgeteilt, dass das Rezept wieder aufgetaucht sei und sofort bearbeitet werde. Wieder zwei Tage später erfuhr er, dass doch nicht alle Artikel vorrätig seien. Nach drei weiteren Tagen wurde ihm angekündigt, dass die Artikel noch am gleichen Tag verschickt würden, was tatsächlich zwei Tage später – an einem Freitag – geschah. Da der Dienstleister samstags nicht ausliefert, erhielt der Patient seine Stomaartikel erst am Montag – drei Wochen nachdem er das Rezept erhalten hatte.
Doch nicht nur die späte Lieferung kritisiert der Patient, sondern auch, dass ihm die benötigten Artikel monatlich oder quartalsweise „zugeteilt“ werden. „Das ist DDR pur“, schreibt der Mann. Außerdem habe das Sanitätshaus als erstes versucht, ein anderes Produkt abzugeben. Er habe mit dem Hinweis abgelehnt, dass er kein „Versuchskaninchen“ sein wolle und sich an das ärztliche Rezept halte.
Der Patient kritisiert auch die AOK: Ein Gespräch sei von einer Mitarbeiterin einfach abgebrochen worden, nachdem er ihren Vorgesetzten verlangt habe. Ein anderer Mitarbeiter habe ihm vorgeschlagen, zur dringend notwendigen Versorgung ins Krankenhaus zu gehen. „Das würde bedeuten, dass ich alle vier bis fünf Stunden rund um die Uhr (!) mit einem Taxi zum Krankenhaus und wieder zurück fahren muss, solange bis der von Ihnen vorgeschriebene 'Versorger', der eher ein Versager ist, weil ein ärztliches Rezept einfach verschlampt wird, sich schließlich bequemt, zu liefern“, schreibt der Patient.
Er wirft den AOK-Vorstandsmitgliedern vor, eine „verquere Vorstellung“ von flächendeckender Versorgung zu haben. Im allgemeinen Sprachgebrauch sei es so zu verstehen, dass mal eben zur Apotheke in unmittelbarer Nachbarschaft gehe, das Rezept vorlege und die Artikel sofort oder unverzüglich erhalte. Ihm sei hingegen nach drei Wochen mitgeteilt worden, „dass es doch noch drei weitere 'Versorger' in Hamburg geben soll“, von denen aber weder die AOK-Mitarbeiterin noch er wisse, ob sie willens und in der Lage seien, tätig zu werden.
Er kritisiert weiterhin, dass ihm trotz der dargestellten Dringlichkeit untersagt wurde, die Artikel in seiner Apotheke zu beziehen, die immer zügig und sofort geliefert habe. Dies tangiert aus seiner Sicht bereits den Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung. Er moniert, dass die AOK keineswegs die Interessen der Mitglieder im Auge habe, sondern versuche, eine Gewinnmaximierung herbeizuführen.
Der Patient bittet die AOK-Vorstände in seinem Schreiben um eine persönliche Stellungnahme und erinnert sie: „Auch aus meinem Mitgliedsbeitrag werden Mitarbeiter der AOK bezahlt und auch Ihr Gehalt. Das wollen wir mal nicht vergessen!“ Das Schreiben hat der Patient nicht nur an die Kassenvorstände geschickt, sondern auch an regionale und überregionale Medien, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) und Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) sowie an Vertreter der EU-Kommission und des EU-Parlaments. Auch vom TÜV-Rheinland, der der AOK besondere Serviequalität zertifiziert hat, erbittet er eine Stellungnahme.
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