Ärzte: Empfehlungen sind wettbewerbswidrig dpa/APOTHEKE ADHOC, 27.03.2013 13:06 Uhr
Auch wenn Absprachen zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern strafrechtlich derzeit nicht belangt werden können: Berufsrechtlich verboten sind sie allemal – und können damit auch wettbewerbsrechtlich geahndet werden. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) hat einem Hals-Nasen-Ohrenarzt untersagt, seinen Patienten ungefragt und ohne ausreichenden Grund nur eine Auswahl an Hörgeräteakustikern zu nennen.
Der Mediziner war von einem Testpatienten besucht worden, der laut Gericht wettbewerbswidriges Verhalten von HNO-Ärzten aufspüren sollte. Der Arzt diagnostizierte eine Schwerhörigkeit, verordnete Hörgeräte und fragte den Patienten, ob er bereits einen Hörgeräteakustiker habe. Als dieser die Frage verneinte, wurde er auf die beiden in derselben Gemeinde ansässigen Anbieter hingewiesen, ohne dass der Patient um eine Empfehlung gebeten hatte.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sah hierin ein wettbewerbswidriges Verhalten. Der Arzt verteidigte sich damit, dass er die beiden vor Ort ansässigen Hörgeräteakustikbetriebe erwähnt und dabei keinen der beiden in unzulässiger Weise hervorgehoben habe.
Das Gericht sah im Verhalten des Arztes einen Verstoß gegen die Berufsordnung der Ärztekammer, nach der Ärzte nicht ohne hinreichenden Grund Patienten bestimmte Hilfsmittelerbringer empfehlen dürfen. Eine unzulässige Zuweisung liegt demnach bereits dann vor, wenn der Arzt ohne konkrete Aufforderung nicht alle in Betracht kommenden Anbieter benennt, sondern nur bestimmte. Das Gericht bezieht sich auf entsprechendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2011.
Nur wenn die Qualität der Versorgung bei allen anderen infrage kommenden Anbietern nachweislich schlechter sei und andere Patienten dort unzufrieden gewesen seien, könne der Arzt selektieren. Die räumliche Nähe alleine reiche allenfalls in Ausnahmefällen, etwa bei Patienten mit Gehbehinderung, als Grund aus.
Auch der Hinweis in der internen Vorschrift der Praxis, die freie Wahl des Patienten bei der Empfehlung der beiden Praxen zu berücksichtigen, ließen die Richter nicht als Entschuldigung gelten.
Weil der Patient kraft der Autorität des Arztes andere Leistungserbringer gar nicht in Betracht ziehen konnte, ist die Empfehlung vielmehr als Verstoß gegen die Marktverhaltensregel geeignet, den Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen. Bei nochmaliger Empfehlung droht dem Mediziner ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro.