Hämophilie A: Apotheker sind wieder im Spiel APOTHEKE ADHOC, 19.11.2018 09:45 Uhr
In Deutschland leben etwa 10.000 Hämophilie-Patienten. Mit der Bluterkrankheit ein Umsatz von einer Milliarde Euro erzielt. die Handelsspannen kenne aber niemand, moniert das Bundesgesundheitsministerium. Das soll sich mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) ändern. Der Referentenentwurf aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht vor, den Markt mit Hilfe der Apotheke als Vertriebsweg unter Kontrolle zu bringen.
Einkauf und Verabreichung der bei Hämophilie eingesetzten Arzneimittel sollen künftig wieder getrennt werden. Bislang war laut § 47 Arzneimittelgesetz (AMG) die Apotheke für „aus menschlichem Blut gewonnene Blutzubereitungen oder gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, die, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelt, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden dürfen“ als Vertriebsweg ausgeschlossen. Künftig soll die Ausnahme auf aus menschlichem Blut gewonnene Zubereitungen beschränkt werden. 2015 hat das Bundessozialgericht den Regress einer Kasse bestätigt, die eine Ärztin aus Sachsen-Anhalt um 16.000 Euro gekürzt hatte, weil sie einen Bluterpatienten mit den Rezepten in die Apotheke schickte. Aus Sicht der Kasse hätte sie die Medikamente günstiger direkt beim Hersteller bestellen müssen. Die Regressfalle könnte bald der Vergangenheit angehören.
Der Referentenentwurf begründet die Umstellung wie folgt: „Grund ist, dass bei gentechnologisch hergestellten Blutbestandteilen kein Infektionsrisiko wie bei aus menschlichem Blut gewonnenen Produkten besteht. Insofern bestehen bei aus menschlichem Blut gewonnenen Produkten besondere Sorgfalts- und Dokumentationspflichten spenderbezogener Risiken. Diese Unterschiede rechtfertigen eine Differenzierung beim Vertriebsweg und der Abgabe.“
Die Änderung ist den Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie geschuldet. Denn inzwischen sind gentechnologisch hergestellten Blutbestandteile und monoklonalen Antikörper mögliche Therapieoptionen. Die Arzneimittelgruppen sind – im Gegensatz zu den Blutzubereitungen – vergleichbar im Herstellungsverfahren und sollen deshalb auch im Vertriebsweg gleich behandelt werden, so das Papier. Nebenbei mache der Vertriebskanal Apotheke die Preise transparent und die Rabatte einsehbar.
Verpflichtend soll zudem ein Vertrag zwischen den Krankenkassen oder den Landesverbänden mit spezialisierten ärztlichen Einrichtungen oder deren Verbänden zur Behandlung der Gerinnungsstörung werden. Die Betroffenen können sowohl in spezialisierten ärztlichen Einrichtungen vertragsärztlich oder ambulant spezialfachärztlich oder auch in ambulanten Zentren, die an Krankenhäusern angegliedert sind, versorgt werden.
Die Verträge sollen die ärztliche Vergütung von zusätzlichen, besonderen Aufwendungen zur Behandlung von Betroffenen mit Gerinnungsstörungen bei Hämophilie regeln. Eingeschlossen sind insbesondere die Vergütung für die intensive ärztliche Begleitung und die Kontrolle der Selbstbehandlung, die ärztliche Dokumentation nach § 14 Transfusionsgesetz und die Meldung an das Deutsche Hämophilieregister nach § 21 Absatz 1a Transfusionsgesetz. „Es können Pauschalen zur Vergütung der Leistungen vereinbart werden. Die bereits bestehenden allgemeinen Vergütungsregelungen der oben genannten jeweiligen Vertragspartner bleiben unberührt.“
„Die in den Hämophiliezentren verwendeten Arzneimittel sind nicht Gegenstand der Verträge. Für die Abgabe dieser Arzneimittel gelten die allgemeinen arzneimittelrechtlichen und apothekenrechtlichen Regelungen und sie werden über die Apotheken abgegeben“, so der Referentenentwurf. Zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven steht den Krankenkassen offen, ergänzende Verträge nach § 130c abzuschließen.