Lange Wartezeiten, der selbst ernannte Seniorentag oder die Fußball-Weltmeisterschaft: Für Cornelius Spielberger, Inhaber der Berliner Spielberger-Apotheke, gab es viele Anlässe, um Kunden bei der Rezepteinlösung Gutscheine in Höhe von einem Euro zu gewähren. Zu viele, fand die Wettbewerbszentrale und zog gegen den Apotheker vor Gericht. Am Mittwoch begann das Verfahren.
Beim ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Berlin (LG) ging es vor allem um die Frage, ob der Bonus für die Einlösung des Rezeptes gewährt wurde oder nicht. Spielberger argumentierte, die Gutscheine seien als Art Entschuldigung gedacht, „wenn die Apotheke gerammelt voll ist“. Die Wettbewerbszentrale hielt entgegen, ihre Testkäuferin habe den Gutschein auch ohne Anstehen und ohne Nachfrage erhalten.
In dem Verfahren wurden daraufhin laut Wettbewerbszentrale weitere Anlässe für die Gutscheine vorgebracht, etwa die Fußball-Weltmeisterschaft oder der Seniorentag am Freitag, mit dem Spielberger Kunden in die Apotheke locken wollte, obwohl viele Ärzte keine Sprechstunde hatten.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale dürfen jedoch keine Anlässe für Gutscheine „erfunden“ werden, weder apothekenbezogene wie Wartezeiten oder der Seniorentag, noch – und noch weniger – apothekenfremde wie die Weltmeisterschaft. Schließlich könnte dann jeden Tag ein neuer Anlass gefunden werden.
Daraufhin beantragte Spielberger, das Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu der Frage der Rx-Boni vorliegt. Nachdem sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) im März an die europäischen Richter gewandt hat, müssen sie nun darüber entscheiden, ob sich ausländische Versandapotheken an die deutschen Preisvorschriften halten müssen.
Laut Wettbewerbszentrale hatte die Gegenseite argumentiert, dass das EU-Verfahren auch Einfluss auf Verfahren in Deutschland haben könne: Sollte der EuGH den ausländischen Apotheken Boni erlauben, dürften auch deutsche Apotheken nicht mehr bestraft werden.
Die Wettbewerbszentrale will aber nicht auf eine Entscheidung aus Luxemburg warten. Niemand wisse, was der EuGH entscheide, was der deutsche Gesetzgeber daraus mache und wann die Entscheidung überhaupt vorliege. Es könne aber nicht sein, dass bis dahin alle Verfahren zu Rx-Boni ausgesetzt würden.
Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte im April bereits ein Verfahren zur Wellsana-Apotheke, die DocMorris 2013 übernommen hatte, vorübergehend gestoppt. In Berlin müssen die Richter nun darüber entscheiden, ob das Verfahren ausgesetzt wird und ob es eine weitere Beweiserhebung zu dem Sachverhalt gibt.
Parallel befasst sich das LG derzeit auch mit Rolf Spielberger, Vater von Cornelius und Inhaber der Pelikan-Apotheke in Berlin. Dabei geht es um die Frage, ob Spielberger mit Rabatten auf den Apothekenverkaufspreis (AVP) werben darf, wenn er mit einem Sternchenhinweis darüber aufklärt, dass es sich dabei um den Preis handelt, den die Kassen zahlen.
Aus Sicht der Wetbewerbszentrale ist der AVP eine unzulässige Größe, da der Kunde damit nichts zu hat. Daher sei auch der Sternchenhinweis nicht ausreichend, um eine Irreführungsgefahr zu vermeiden. Der Kunde verstehe auch beim Lesen dieses Hinweises nicht, dass Äpfel mit Birnen verglichen würden.
Spielberger ist einer der umtriebigsten Apotheker Deutschlands. Er hatte die Apothekenkooperation Elac Elysée mitgegründet und war seit 2004 als Geschäftsführer tätig. 2013 hat er sich aus dem operativen Geschäft verabschiedet. Die Elac begleitet er weiterhin als Gesellschafter und Mitglied. In Berlin gehören Spielberger neben der Pelikan-Apotheke auch die Pelikan-Discount-Apotheke Tempelhof und die Schloss-Apotheke Tegel. Seinen Herstellbetrieb RS Pharma hat er im März 2014 an die Ahrensburger Unternehmensgruppe GHD Gesundheits GmbH Deutschland übergeben, er leitet ihn aber weiterhin als Geschäftsführer.
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