Gutachter warnt vor Vertikalisierung Patrick Hollstein, 19.10.2007 13:59 Uhr
Der renommierte Pharma-Analyst Donald Macarthur warnt in einem aktuellen Gutachten für die schwedische Regierung vor einer Vertikalisierung im Apothekenmarkt. Nach Meinung des britischen Experten sollten Gesundheitspolitiker auf keinen Fall die Regulierungen zum Besitz von Apotheken gänzlich aufgeben: Entweder müsse der Fremdbesitz komplett verboten bleiben oder zumindest auf Minderheitsbeteilungen beschränkt werden. Als weitere Option empfiehlt Macarthur, zumindest Pharmahersteller, Großhändler und Ärzte vom Apothekenbesitz auszuschließen.
Nach Meinung des Gutachters, der sich auf Preisbildung im Arzneimittelmarkt spezialisiert hat und unter anderem für die britische Wettbewerbsaufsicht tätig ist, zeigen die bisherigen internationalen Erfahrungen, dass Märkte mit vertikal aufgestellten Anbietern nicht funktionieren können. „Die Handelsgruppen werden einfach zu mächtig“, so Macarthur gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Sie können beim Einkauf ihre Muskeln spielen lassen. Die Einsparungen werden aber nicht weitergereicht, sondern verbleiben innerhalb der Gruppe.“
Staat und Krankenkassen hätten faktisch keine Möglichkeit, die tatsächlichen Einkaufsvorteile der Apotheken einzufordern: „Wo soll der Staat mit seiner Rückforderung ansetzen, wenn Rabatte intransparent sind, weil sie innerhalb der Gruppe bleiben“, so Macarthur. Die Idee, Durchschnittswerte zur Bemessung heranzuziehen, führe zu einer Verzerrung des Marktes, da gerade die unabhängigen Apotheken eben nicht dieselben Nachlässe aushandeln könnten wie ihre absorbierten Mitbewerber und in der Folge über Gebühr belastet würden. Den Regierungen bleibe daher nichts anderes übrig, als im Bedarfsfall die Preise zu kürzen.
Für die Versorgung sieht Macarthur verheerende Folgen: So führten vertikalisierte Strukturen zu einer eingeschränkten Produktauswahl für die Apotheken. Doch auch für den Patienten werde die Auswahl eingeschränkt, auch was die Flächendeckung auf dem Land angeht. Vertikalisierte Strukturen, so der Schluss des Analysten gegenüber APOTHEKE ADHOC, führten stets zu Konfusion und Intransparenz: „Die Liberalisierung in Norwegen war ein absolutes Desaster.“
Macarthur hatte sein Gutachten im Auftrag des schwedischen Verbandes der Reimporteure für die Regierung in Stockholm angefertigt. Die vier Koalitionsparteien hatten bereits im September 2006 angekündigt, den Staatsbetrieb Apoteket aufzulösen. Eine von Gesundheitsminister Göran Hägglund eingesetzte Kommission untersucht derzeit, wie sich die staatliche Apothekenkette auflösen lässt. Ende des Jahres soll ein Katalog mit Empfehlungen vorliegen; bereits ab 2009 sollen dann auch in Schweden, dem letzten EU-Land mit staatlichem Arzneimittelvertrieb, private Anbieter Apotheken betreiben dürfen.