Apothekenhonorar

Gutachter: Kassen subventionieren OTC-Geschäft Alexander Müller, 06.12.2017 11:30 Uhr

Berlin - 

Das Apothekenhonorar in seiner heutigen Form ist aus Sicht der Gutachter im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) ungerecht verteilt und in der Summe viel zu hoch. Eine Kernthese lautet, dass das Packungshonorar derzeit das OTC-Geschäft und andere Leistungen der Apotheken querfinanziert. Die Gutachter machen den konkreten Vorschlag, das Fixum von derzeit 8,35 auf 5,80 Euro zu senken. Dafür soll der prozentuale Teil der Vergütung auf 4,8 Prozent erhöht aber gedeckelt werden. In anderen Bereichen – etwa Notdienst und Rezeptur – sollen die Apotheken mehr Geld bekommen.

Die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente macht nach den Zahlen der Gutachter nur 39,7 Prozent aller abgegebenen Packungen aus. „Die bisherige Berechnung, dass durch rezeptpflichtige Fertigarzneimittel 75 Prozent aller Kosten in der Apotheke durch die Vergütung der rezeptpflichtigen Fertigarzneimittel zu decken sind, ist nicht haltbar“, heißt es in der Zusammenfassung des Gutachtens in der Fassung von Mitte November.

1000 Apotheken hatte die Unternehmensberatung 2hm befragt. Die Gutachter kommen nach Auswertung der Fragebögen zu dem etwas überraschenden Schluss, dass der Aufwand bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel und OTC-Präparate in etwa vergleichbar ist. Bei letzteren sehen die Gutachter Anamnese- und Beratungsaufwand, im Rx-Geschäft Rückfragen bei Ärzten, Patienten und Kassen zu fehlerhaft ausgestellten Rezepten, Nichtverfügbarkeit von Rabattarzneimitteln, Klärung der Zuzahlungsbefreiung und Retaxationen.

Die Gutachter gehen auch nicht davon aus, dass der Verkauf von Produkten mit Gesundheitsbezug einen geringeren Beratungsaufwand hat. „Daraus resultiert, nur eine Kostendeckung durch den absoluten Festzuschlag für rezeptpflichtige Fertigarzneimittel von 39,7 Prozent der nach Notdienst, BtM, Rezepturen und Warenwirtschaft verbleibenden Kosten als angemessen zu bewerten“, so die Empfehlung der Gutachter. Es sei gesetzlich dagegen nicht vertretbar, die OTC- und Ergänzungssortimente über die Kassenbeiträge zu finanzieren.

Zwar schlagen die Gutachter eine Erhöhung des prozentualen Zuschlags von 3 auf 4,8 Prozent vor, dieser soll aber gedeckelt werden. Mehr als 57,60 Euro zuzüglich Fixum sollen die Apotheken für keine Packung erhalten. Das entspricht einem Apothekeneinkaufspreis von 1200 Euro. Die Begründung: Die Vergütung verteile sich dann besser auf die Apotheken und gebe keinen Anreiz, teure Arzneimittel zu bevorzugen. Das Risiko bei den Hochpreisern liege ohnehin verstärkt beim Großhandel.

Nacht- und Notdienst, Rezepturherstellung, Abgabe von umzufüllenden Stoffen und BtM-Abgabe werden laut Gutachten aktuell nicht kostendeckend vergütet. Die entsprechenden Zuschläge sind deutlich zu erhöhen. In den Nacht- und Notdienstfonds etwa sollen pro Rx-Packung 26 Cent fließen, statt wie bisher 16 Cent. Die Dokumentation bei der BtM-Abgabe sollte von 2,91 auf 14,30 Euro erhöht werden.

Bei den Rezepturen schlagen die Gutachter eine Angleichung Standardrezepturen an parenterale Zubereitungen vor. Der Rezepurzuschlag sollte demnach von mindestens 3,50 auf auf 27 bis 60 Euro deutlich erhöht werden. Dazu soll künftig nicht nur das Fixum, sondern auch der Notdienstzuschlag bei Rezepturen anfallen – im Sinne einer einheitlichen Struktur der AMPreisV.

Zyto-Rezepturen werden laut Gutachten aktuell dagegen deutlich höher vergütet als es der Arbeitsaufwand rechtfertige. Hier sei unter Umständen der technische Fortschritt in der bisherigen Bestimmung der Zuschläge vernachlässigt worden. „Die aktuelle Erhebung der Aufwände und damit verbundenen Kosten legen eine deutliche Reduktion der Zuschläge in der AMPreisV und in der Folge in der Hilfstaxe nahe“, heißt es.

Insgesamt soll die Vergütung der Apotheken mit der vorgeschlagenen Reform „leistungsorientierter“ werden. Der Versandhandel werde etwa nicht länger für Leistungen bezahlt, die er nicht erbringe. Die bisherige „Quersubventionierung“ des OTC-Geschäfts werde aufgehoben. „Im Kern wird damit die Leistung der klassischen Apotheke durch eine leistungorienterierte Vergütung gestärkt“, so das Zwischenfazit.

Dass es unter dem Strich dennoch zu einer Reduzierung des Honorars komme, liege an dem derzeitigen Übergewicht der Rx-Präparate in den Preisen der AMPreisV „sowie der den Umsatz stärker gewichtenden hälftigen Absatz-Umsatz-Methode der ABDA“, erklären die Gutachter. Der geringe Rx-Anteil am Absatz zeige aber auch den Spielraum der Apotheken „und der sie unterstützenden Pharmaindustrie“. Die Reduzierung des Fixums könne durch eine 10-prozentige Preissteigerung bei OTC- und Freiwahl ausgeglichen werden, was ungefähr dem aktuell auf diese Artikel durchschnittlich gewährten Rabatt entspreche.

Die Auswirkungen auf den Apothekenmarkt seien schwer zu kalkulieren, geben die Gutachter zu. Stark betroffen wären die 300 Zyto-Apotheken. Die Erhöhung der Notdienstvergütung um 63 Przentpunkte kommen dagegen vor allem Landapotheken zu Gute. Die Gutachter schlagen zudem eine jährliche Aktualisierung und Nachberechnung vor.