Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) wird zum zweiten Personalausweis. Wie der gesetzlich vorgeschriebene Identifikationsnachweis für jeden Bürger ab 16 Jahren, müssen alle Krankenversicherten die eGK akzeptieren – ob sie wollen oder nicht. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat in einem Grundsatzurteil die Einführung der eGK nicht nur gebilligt – ein Anspruch auf Verweigerung der eGK-Verwendung besteht nicht.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährt den Versicherten kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und „Weiterleben in einer analogen Welt“, urteilte das Gericht. Dieses Recht verlange aber umgekehrt auch, dass Voraussetzungen und Umfang der Speicherung sensibler Daten gesetzlich klar geregelt und nicht Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden überlassen werden.
Ein IT-Ingenieur wollte grundsätzlich geklärt wissen, ob er zukünftig die eGK nutzen muss, wenn er Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen will. Sozialgericht bejahte dies in erster Instanz und wies seine Klage ab. Das LSG hat jetzt die Berufung des Versicherten zurückgewiesen.
Die gesetzlichen Vorschriften zur eGK-Einführung seien verfassungsgemäß, so die Stuttgarter Richter. Für die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung einer Reihe sensibler Daten sei allerdings die Einwilligung der Versicherten erforderlich. Dies werde durch verschiedene Regelungen zum Datenschutz und zu Maßnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Verwendung flankiert. Damit werde insgesamt sichergestellt, dass der Versicherte nicht zum „gläsernen Patienten“ werde.
Soweit der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBV) jedoch in einer Vereinbarung regeln wollten, dass zukünftig zusätzlich zum „Versichertenstatus“ (Mitglied, Rentner oder Familienversicherter) weitere „statusergänzende Merkmale“ wie die Teilnahme an bestimmten Programmen, Angaben über spezialfachärztliche Versorgung und ähnliches auf der Karte gespeichert werden solle, sei dies nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt und damit unzulässig. Im konkreten Fall war der IT-Ingenieur jedoch von keinem dieser zusätzlichen Merkmale betroffen. Deshalb sah das Gericht ihn nicht in seinen Rechten verletzt.
Im Dezember hatte der Bundestag der E-Health-Gesetz zum schnelleren Ausbau der eGK beschlossen. Mit der Neuregelung soll die Telemedizin gefördert werden. Als erste Maßnahmen tritt in diesem Oktober der Medikationsplan zunächst in Papierform in Kraft. Außerdem wird im E-Health-Gesetz ein Zeitfenster für die Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) festgelegt. Bis Mitte 2018 sollen Ärzte und Kliniken flächendeckend angeschlossen sein.
Als erste Online-Anwendung der eGK soll das Stammdatenmanagement bis Mitte 2018 eingeführt werden. Zugleich werden damit die Strukturen für weitere medizinische Anwendungen geschaffen. Ab dann sollen auf Wunsch des Versicherten auch medizinische Notfalldaten auf der eGK gespeichert werden, etwa Informationen über Allergien oder Vorerkrankungen. Ärzte, die sich schon vorher um einen elektronischen Heilberufsausweis bemühen und damit online Arztbriefe verschicken, werden gefördert. Für das Jahr 2017 sollen sie eine Anschubfinanzierung erhalten.
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