Grundrente: Viele PTA können auf höhere Rente hoffen APOTHEKE ADHOC, 11.11.2019 10:19 Uhr
Einigung nach monatelangem Koalitionsstreit: Hunderttausende Bezieher kleiner Renten sollen ab 2021 eine Grundrente bekommen. Zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Menschen sollen den Rentenaufschlag erhalten – darunter auch viele PTA. Nach 35 Betragsjahren dürften die Rentenanwartschaften der meisten PTA unter 1250 Euro, der Grenze für die Grundrente ab 2021, liegen. Bis zu einem Gesetz gilt es allerdings noch eine Hürde zu überwinden: die Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion.
Vorangegangen war ein monatelanger Streit um die Grundrente. Im Koalitionsvertrag war festgehalten, dass die Menschen ab 35 Beitragsjahren mit dem Zuschlag nach einer Bedürftigkeitsprüfung 10 Prozent über der Grundsicherung liegen sollten. Hiervon weicht der Kompromiss nun ab: Stattdessen soll es eine umfassende Einkommensprüfung geben. Dabei soll ein Freibetrag gelten.
Gezahlt werden soll die Grundrente bis zu einem Einkommen zuzüglich Rente und Kapitalerträgen von 1250 Euro bei Alleinstehenden und 1950 Euro bei Paaren. Die Einkommensprüfung soll „automatisiert und bürgerfreundlich“ durch einen Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzämtern erfolgen.
Den Zuschlag bekommt, wer 35 Jahre mit Beiträgen aus Arbeit, Pflege oder Erziehung aufweist, aber nur wenig verdient hat. Die Kosten sollen bei 1 bis 1,5 Milliarden Euro liegen. Finanziert werden soll dies ausschließlich aus Steuermitteln – etwa durch die geplante Finanztransaktionssteuer. Mit der Grundrente werden die Entgeltpunkte aufgewertet. Über diese wird die Rente errechnet – ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 Euro Rente und im Osten 31,89 Euro. Wenn die Entgeltpunkte im Schnitt der 35 Jahre nur zwischen 0,4 und 0,8 liegen, werden diese mit der Grundrente nun auf maximal 0,8 erhöht.
Eine PTA mit einem Jahresbruttoeinkommen von 31.000 Euro erwirbt nach 35 Beitragsjahren einen Rentenanspruch von circa 800 Euro monatlich. Damit liegt sie unterhalb der Grundsicherung und der von der Koalition gezogenen Grenze von 1250 Euro. Diese PTA kann danach mit einer Aufstockung ihrer Rente um maximal 450 Euro rechnen. Viele PTA erreichen aber nur ein deutlich niedriges Jahreseinkommen. Denn nur 41 Prozent arbeiten laut Adexa 40 Stunden oder mehr – 59 Prozent also Teilzeit. Auch hier wird die Grundrente greifen. Die genaue Berechnung ist allerdings kompliziert.
Der „Spiegel“ hatte ein Beispiel für eine Arzthelferin, 74 Jahre, zwei Kinder, alleinerziehend und 41 Renten-Beitragsjahre berechnet. Die Rentnerin ist derzeit auf die Grundsicherung im Alter angewiesen. Ihr Anspruch daraus summiert sich auf 859 Euro im Monat (370 Euro Kaltmiete + 65 Euro Heizkosten + 424 Euro Regelsatz). Sie hat insgesamt fünf Jahre Vollzeit gearbeitet. Fünf weitere Beitragsjahre werden ihr für ihre vor 1992 geborenen Kinder angerechnet. Die restlichen 31 Beitragsjahre ergeben sich aus einer Teilzeit-Anstellung über 20 Stunden in der Woche. Im Durchschnitt hat die Rentnerin damit 0,49 Entgeltpunkte pro Versicherungsjahr angesammelt. Das ergibt eine Monatsrente von derzeit 643,48 Euro, die voll von ihrer Grundsicherung abgezogen wird.
Veränderung durch die Grundrente: Für 35 Beitragsjahre bekommt die Rentnerin einen Zuschlag von je 0,31 Entgeltpunkten - also insgesamt 10,85 Entgeltpunkte. Das entspricht 347,56 Euro. Insgesamt bekommt sie nun also 991 Euro Rente. Sie ist nicht mehr auf die Grundsicherung angewiesen und hat 142 Euro im Monat mehr zur Verfügung. Verfügbares Haushaltseinkommen nach Wohnkosten ohne Grundrente 424 Euro mit Grundrente 568 Euro.
Zu dem Modell gehört auch, dass Rentner mit Grundsicherung ab 35 Beitragsjahren einen Freibetrag für die Rente von 100 Euro plus 30 Prozent der darüberliegenden Rentenansprüche bis zu einer bestimmten Grenze erhalten. Flankierend zur Grundrente will die Koalition zudem einen Freibetrag beim Wohngeld im Volumen von etwa 80 Millionen Euro einführen: Die Verbesserung in der Rente soll nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgefressen wird. Das Paket umfasst zudem eine vorübergehende Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung: Er soll befristet bis Ende 2022 von 2,5 auf 2,4 Prozent sinken. Bereits beschlossen war aber, dass er danach wieder auf 2,6 Prozent steigt.
Vorgesehen sind auch Verbesserungen bei der betrieblichen Altersversorgung. Bei Geringverdienern mit einem Monatseinkommen bis 2200 Euro brutto soll der Förderbetrag von maximal 144 Euro auf 288 Euro verdoppelt werden. Betriebsrentner sollen zudem in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Euro bei den Krankenkassenbeiträgen entlastet werden.
Um die Attraktivität von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen zur Vermögensbildung zu erhöhen, wollen Union und SPD auch den steuerfreien Höchstbetrag in diesem Bereich von 360 Euro auf 720 Euro anheben.