Grüne: Fernverschreibung statt Buzzwords APOTHEKE ADHOC, 09.05.2018 16:36 Uhr
Mit Blick auf die Diskussion über die Zulassung von Telemedizin auf dem Deutschen Ärztetag haben die Grünen-Politiker Maria Klein-Schmeink und Manfred Lucha die Bundesregierung aufgefordert, die Digitalisierung im Gesundheitswesen gezielter zu fördern und dazu „weltfremde Beschränkungen abzubauen“. Bislang fehle ihr eine „konsistente digitale Strategie“, schreiben beide in einem Positionspapier. Die Bundesregierung solle dem elektronischen Rezept und der elektronische Patientenakte den Weg freiräumen.
Statt sich um die wesentlichen Fragen zu kümmern, die die Digitalisierung des Gesundheitswesens aufwirft, habe Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) „bislang vor allem hippe Buzzwords wie ‚Big Data‘ und ‚Blockchain‘ von sich gegeben“, kritisieren die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen und der baden-württembergische Minister für Soziales und Integration. Auch deshalb komme die Digitalisierung nur langsam voran.
Neben zentralen Projekten wie dem elektronischen Rezept und der elektronischen Patientenakte sei es nun an der Bundesregierung, Hürden und Blockaden abzubauen. Ein Vorschlag der beiden: Das Verbot der Fernverschreibung von Arzneimitteln soll aufgehoben werden. Das hatte die damalige Große Koalition 2016 ins Arzneimittelgesetz geschrieben und damit Online-Arztpraxen wie DrEd einen Riegel vorgeschoben.
Seitdem heißt es in § 48 AMG, dass Arzneimittel nicht an Menschen abgegeben werden dürfen, wenn vor der Verschreibung „offenkundig kein direkter Kontakt zwischen dem Arzt oder Zahnarzt und der Person, für die das Arzneimittel verschrieben wird, stattgefunden hat“. Dadurch sei die Verschreibung eines Medikaments beispielsweise im Rahmen einer ausschließlich telemedizinischen Behandlung derzeit unmöglich. „Hier müssen CDU/CSU und SPD in Berlin ihren Fehler korrigieren und die Fernverschreibung wieder ermöglichen“, so das Positionspapier, das anlässlich des Deutschen Ärztetages veröffentlicht wurde.
Bei der SPD könnten sie damit auf offene Ohren stoßen: Auch von den Sozialdemokraten kommen immer wieder ähnliche Forderungen. So verlangte die damalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypris 2017 in einem Neun-Punkte-Papier zur Digitalisierung unter der Überschrift „Erleichterungen für telemedizinische Anwendungen“ eine Überprüfung des Fernverschreibungsverbotes.
Besonders sinnvoll sei es, bei der Digitalisierung auf Modellprojekte zu setzen, da neue Technologien „auch immer eine Reise in unbekanntes Gebiet“ seien: „Es wird Wissen erworben, neue Perspektiven werden gewonnen und gelegentlich auch überzogene Erwartungen korrigiert.“ Als Vorbild in dem Bereich sehen Lucha und Klein-Schmeink das Ländle: Luchas Ministerium für Soziales und Integration hat dort mehrere telemedizinische Modellprojekte unterstützt, darunter das Projekt „docdirect“.
Bei dem erhalten GKV-Patienten in zwei Modellregionen medizinische Beratung per Telefon oder Videotelefonie durch niedergelassene Ärzte. „Dieses Projekt ist überhaupt erst möglich geworden, weil die Landesärztekammer Baden-Württemberg als erste in ganz Deutschland bereits Ende 2016 in ihrer Berufsordnung rechtliche Hürden für die ärztliche Fernbehandlung abgebaut hat“, so das Papier. Ähnliche Erwartungen haben die Grünen nun an den Deutschen Ärztetag, der derzeit in Erfurt stattfindet. Die Entscheidung, die dort mit größter Spannung erwartet wird: Machen die Ärzte den Weg für die Telemedizin frei? Darauf bereitet man sich bei DrEd schon vor.