Steuerprüfung

Grüne fragen nach Zappern

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Berlin -

Manipulierte Kassensysteme sind ein Thema im Bundestag. In einer Kleinen Anfrage will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen von der Bundesregierung wissen, wie hoch die jährlichen Steuerausfälle sind und wann mit einer gesetzlichen Regelung zu rechnen ist. Dabei verweisen die Grünen auch auf Steuerbetrug in der Apotheke.

Der Bundesrechnungshof habe bereits im Jahr 2003 auf die Betrugsanfälligkeit moderner Kassensysteme hingewiesen, schreiben die Grünen. Durch Manipulationssoftware könnten Umsätze heruntergerechnet oder ganz gelöscht werden. „Betriebsprüfer haben diese Betrugsform zuletzt sogar bei Apotheken nachgewiesen.“

Passiert sei seitdem nichts. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe habe zwar Vorschläge zur Lösung des Problems entwickelt. Eine Gesetzesinitiative sei im Jahr 2008 aber gescheitert, unter anderem wegen Bedenken seitens des Bundeswirtschaftsministeriums. „Die damalige Große Koalition verzichtete auf weitere Initiativen zur Lösung des Problems, obwohl der Bundesrechnungshof und auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das Problem als sehr relevant bewerteten.“

Somit werde auf ein Betrugsphänomen, das längst erkannt und mit erheblichen Steuerausfällen verbunden sei, seit über zehn Jahren politisch nicht reagiert. Erst im Dezember habe die Finanzministerkonferenz beschlossen, doch noch tätig zu werden.

Die Grünen wollen daher von der Bundesregierung wissen, welche Beträge dem Fiskus je nach Steuerart durch den Betrug mit manipulierten Registrierkassen beziehungsweise Geschäften an der Kasse vorbei entgehen. Außerdem wird gefragt, ob das geplante Insika-Verfahren geeignet sei und ob es Alternativen gebe.

Schließlich will die Fraktion wissen, wie viele Kassen umgerüstet werden müssen, welche Kosten dabei entstehen und wie die Wirtschaftsverbände zu der Thematik stehen. Außerdem wird nach einem Zeitplan für die Einführung von Insika gefragt und nach möglichen Übergangsfristen und Problemen, beispielsweise im Zusammenhang mit cloudbasierten Abrechnungssystemen.

Vor einem Jahr hatten sich die Finanzminister der Länder darauf verständigt, dass entsprechende neue Vorgaben gesetzlich durchgesetzt werden sollen. Eine Art Fahrtenschreiber für alle Registrierkassen – also auch die EDV-Systeme in Apotheken – könnte es ab 2017 geben. Insika steht für „Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme“. Auf einer Chipkarte in den Kassen sollen alle Daten wie etwa die Umsätze gespeichert werden. Über eine Schnittstelle kann der Finanzbeamte die verschlüsselten Daten dann ganz einfach auslesen. Der Einsatz von Manipulationssoftware soll so in Minuten aufgedeckt werden.

Außerdem soll jeder Beleg mit einem individuellen Code des Händlers signiert werden. Dieser könnte etwa von der Bundesdruckerei vergeben werden. Über eine allgemeine Belegpflicht für alle Branchen wird ebenfalls nachgedacht.

In anderen europäischen Ländern gibt es solche Fiskalspeicher bereits, auch wenn sie nicht überall stringent eingesetzt werden. In Deutschland wurde zuletzt ein Modell in Hamburg mit Taxiunternehmen getestet. Weil es für alte Kassensysteme bis Ende 2016 einen Bestandsschutz gibt, könnte die Umstellung 2017 erfolgen.

Eigentlich hatte die damalige Bundesregierung schon 2008 ein Aktionsprogramm beschlossen, das sich der Manipulationssicherheit elektronischer Registrierkassen sowie der Bekämpfung der Schwarzarbeit widmen sollte. Doch angeblich sperrte sich Bayern dagegen – im Wahljahr wollte man das Thema offenbar nicht hochkochen.

Im Frühjahr 2014 gab es einen neuen Anlauf: Der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), hatte im April öffentlich auf die aus seiner Sicht unhaltbaren Zustände in bargeldintensiven Branchen aufmerksam gemacht und eine Initiative angekündigt. Die Pläne hatte er den Kollegen aus den anderen Ländern bei der Finanzministerkonferenz vorgestellt.

Inzwischen ist auch das Bundesfinanzministerium aktiv geworden. Das Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bei zahlreichen Verbänden den Aufwand einer Kassenumrüstung abgefragt. Auch die Apotheker sollten Zahlen schicken.

Die ABDA hatte Schäuble eine Absage erteilt. Für die Apotheken stünde der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen, so die Stellungnahme aus der Jägerstraße. Die Einführung des Konzepts erscheine „für die deutsche Apothekerschaft unverhältnismäßig“. In Apotheken müssten etwa 100.000 Kassen umgerüstet werden, obwohl diese bereits heute sicher seien, so die ABDA.

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