Arzneimittelpreise

Grüne an Apotheker Müller: Höchstpreise statt Rx-Versandverbot Lothar Klein, 17.07.2018 14:42 Uhr

Berlin - 

Bekanntermaßen lehnen die Grünen ein Verbot des Versandhandels mit Rx-Arzneimittel ab. Jetzt wollte Apotheker Gunnar Müller von den beiden Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock wissen, was „digital“ und was „grün“ am Versand der „analogen Ware“ ist. Die Antwort ließ auf sich warten – nicht weil die Grünen darüber grübeln mussten. Statt eines Rx-Versandverbotes plädieren die Grünen für ein Höchstpreismodell.

„Zugegeben – es ist smart, zu irgendwelchen Zeiten einfach Dinge im Internet zu bestellen. Doch was ist ‚digital‘ am Versand dieser dann – zwar digital bestellten – letzten Endes jedoch analogen Waren? Waren, die analog über viele Kilometer transportiert, analog ausgefahren und analog zugestellt werden müssen? Und was ist ‚grün‘ an all den vielen Paketen, den Lieferfahrzeugen, den verstopften Innenstädten und den Staus, selbst wenn man Elektrofahrzeuge einsetzen würde? Wie lautet Ihre persönliche Ökobilanz des Versandhandels?“, wollte Müller von den Chefs der Grünen wissen.

Die – etwas selbstverliebt klingende – Antwort kam gut sechs Wochen später: „Unsere Arbeitskapazitäten sind wegen des großen Interesses an den Positionen unserer Partei momentan leider überlastet“, entschuldigte man sich für die Verspätung: „Tut uns leid.“ In der Sache bleiben die Grünen aber bei ihrer Linie: „Nach unserer Auffassung spiegelt die bestehende Apothekenlandschaft die unterschiedlichen Präferenzen der Patientinnen und Patienten wider.“

Während viele die Apotheke vor Ort für ihre Arzneimittelversorgung nutzten, setzten andere auf Versandapotheken. Habeck und Baerbock: „Daher wollen wir die Vielfalt der Vertriebswege erhalten.“ Die Apotheke vor Ort habe auch für die Grünen eine zentrale Funktion für eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung. Keine Frage, die Benachteiligung inländischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken müsse beendet werden, zum Beispiel müssten „flexiblere Preise ermöglicht werden“.

Außerdem wollen die Grünen die „Bedeutung der Beratungsleistung in der Vergütung der Apotheken stärken“. Um auch künftig in ländlichen Regionen eine gute Versorgung zu erhalten, sei ein Sicherstellungszuschlag sinnvoll, der vergleichbar mit der Notdienstversorgung aus einem umlagefinanzierten Fonds gespeist werde. „Wir wollen also die Rahmenbedingungen für den Apothekenbetrieb so verändern, dass flexiblere Versorgungsangebote gerade auf dem Land möglich werden.“

Ein vollständiges Verbot des Versandhandels verschreibungspflichtiger Arzneimittel in Deutschland sei sowohl europa- als auch verfassungsrechtlich problematisch, so die beiden Grünen-Chef an Müller: „Statt die Benachteiligung inländischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken zu beenden, würde durch ein Verbot wertvolle Zeit für sinnvolle Maßnahmen vertan, denn am Ende hätte ein solches Verbot keinen Bestand.“ Ein Verbot würde auch den Patienten schaden, die auf den Versandhandel angewiesen seien. Und nicht zuletzt würde ein Verbot auch Arbeitsplätze in deutschen Apotheken kosten, die einen Versand betrieben.

„Wir halten daher den von uns vorgeschlagenen Weg eines Höchstpreissystems neben weiteren Maßnahmen für den richtigen Ansatz, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern, so die Grünen. Durch diese Maßnahmen solle die Vielfalt erhalten, die pharmazeutische Beratung gestärkt und die Versorgung insbesondere in ländlichen Regionen verbessert werden. Ein Höchstpreismodell hatten neben den Grünen auch der GKV-Spitzenverband, der AOK-Bundesverband und die Monopolkommission vorgeschlagen. Die ABDA sieht darin den Ruin vieler Apotheken.