Großhandel: Retouren funktionieren wie Pfandflaschen APOTHEKE ADHOC, 03.01.2020 15:00 Uhr
Großhändler dürfen auch Arzneimittel zurücknehmen und erstatten, die sie nicht selbst verkauft haben. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. In dem Verfahren stritt die Noweda mit der Bezirksregierung Düsseldorf, die die Genossenschaft aufgefordert hatte, nur noch Arzneimittel zurückzunehmen, die sie selbst verkauft hat. Doch aus der Begründung geht hervor, dass der Begriff „Rücknahme“ nicht unbedingt bedeutet, dass man den betreffenden Artikel vorher selbst abgegeben hat. Bei Pfandflaschen sei das schließlich auch so.
Der Begriff „Rücknahme“ beinhaltet demnach lediglich, dass eine Ware in eine bestimmte Handelsstufe zurückgegeben wird. „So wird etwa beim Flaschenpfandsystem der Begriff der Rücknahme in diesem Sinne verstanden“, so das Verwaltungsgericht. „Dort entspricht es gängiger Praxis, dass eine Flasche nicht an den konkreten Händler zurückgegeben wird, bei dem sie zuvor erworben wurde, sondern an irgendeinen teilnehmenden Händler der vorgelagerten Handelsstufe.“ Ähnlich sehe es bei der gesetzlich vorgeschriebenen Rücknahmepflicht bei Elektrogeräten aus. Der Vergleich von Arzneimitteln mit Pfandflaschen und Mikrowellen entstammt dabei nicht der Fantasie branchenfremder Richter, sondern wurde von der Noweda als Argument gegen den Bescheid der Bezirksregierung vorgebracht.
Die hatte im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einen Hinweis erhalten, dass die Noweda einer Apotheke den Originalpreis für „in vielen Fällen günstiger erworbene Wirkstoffpräparate“ zurückzahle. Daraufhin führte die Behörde eine Inspektion mit dem „Schwerpunkt Kundenretoure“ durch und stellte Noweda im Mai 2017 einen Mängelbescheid zu. Er enthielt die Aufforderung, die dort genannten Mängel binnen drei Monaten zu beheben. Einer der Mängel war die Tatsache, dass Noweda „entgegen den gesetzlichen Regelungen“ Arzneimittel von Apotheken zurücknimmt und in den verkaufsfähigen Bestand übernimmt, die zuvor nicht von Noweda selbst geliefert worden waren.
Doch die Noweda wehrte sich. Die Genossenschaft zweifelte an, dass die Rechtslage diese Verpflichtung hergibt und klagte gegen die Bezirksregierung – erfolgreich. Jene Aufforderung der Bezirksregierung sei „ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten“, so das Verwaltungsgericht. Denn zwar regelt Verordnung über den Großhandel und die Arzneimittelvermittlung (AM-HandelsV) viele Modalitäten der Rückgabe von Arzneimitteln – dass sie nur von dem zurückgenommen werden dürfen, der sie verkauft hat, allerdings nicht. So hatte sich die Bezirksregierung darauf berufen, dass § 4 AM-HandelsV vorschreibt, dass Arzneimittel „aus Betrieben und Einrichtungen, die über eine Erlaubnis nach § 52a des Arzneimittelgesetzes oder nach dem Apothekengesetz verfügen oder die sonst zur Abgabe an den Verbraucher berechtigt sind, zurückgenommen werden“ können. Zu denen gehören Apotheken allerdings.
§ 7 Abs.1 AM-HandelsV schreibt wiederum vor, dass zurückgenommene Ware getrennt von jener gelagert werden muss, die wieder verkauft werden soll, bis eine Entscheidung über die weitere Verwendung getroffen wurde. Auch hieraus ergebe sich jedoch keine Verpflichtung, dass der Rücknehmer mit dem vorherigen Verkäufer identisch sein muss. Auch aus § 7 Abs. 3 AM-HandelsV lasse sich das nicht ableiten. Darin ist vorgeschrieben, dass Arzneimittel nur in die zum Verkauf bestimmten Bestände wieder aufgenommen werden dürfen, wenn der Zurückgebende durch Geschäftsunterlagen wie Lieferscheine oder Rechnungen belegt, dass er sie vom Arzneimittelgroßhandel bezogen hat. Das setze allerdings „lediglich den Nachweis voraus, dass der Zurückgebende das jeweilige Arzneimittel von (irgend)einem Arzneimittelgroßhändler bezogen hat“, so das Gericht.
Gegen die Anordnung der Bezirksregierung gegen Noweda haben die Richter offensichtlich sogar noch grundlegendere Einwände gehabt. Denn „auch wenn es hiernach nicht entscheidungserheblich ist“, betonen sie, dass es gegen die Forderung, nur selbst ausgelieferte Ware zurückzunehmen, „unabhängig von den vorstehenden Erwägungen Bedenken hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit“ gebe. So könne die mit der Anordnung einhergehende Beeinträchtigung „außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Nutzen stehen“.
Denn nach Großhandelsgesetz stellt die Rücknahme ein „ausdrücklich erlaubtes Verhalten“ dar – der rechtssichere Nachweis, dass man jene Packung auch wirklich bei einem Großhändler erworben hat, sei allerdings „möglicherweise gar nicht zu erbringen“. Wie das gehen könnte, habe die Bezirksregierung bei der mündlichen Verhandlung auch nicht erklären können. Noweda hingegen habe „substantiiert vorgetragen, dass allein anhand der Chargen kein auf die einzelne Arzneimittelpackung bezogener Identitätsnachweis erbracht werden kann“.