Notfallversorgung

Großhändler sollen auseinzeln dürfen Benjamin Rohrer, 08.11.2011 12:34 Uhr

Berlin - 

Im Falle eines akuten Versorgungsmangels oder bei einer bedrohlichen Infektionskrankheit sollen Großhändler und Gesundheitsämter Arzneimittel und Impfstoffe in Zukunft auseinzeln dürfen. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, mit dem die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) umgesetzt werden sollen. Dem Entwurf zufolge können in Notfällen auch abgelaufene Arzneimittel wieder in Verkehr gebracht werden.

Wann ein solcher Versorgungsnotstand vorliegt, soll das Bundesgesundheitsministerium (BMG) entscheiden. Dann sollen die zuständigen Behörden in Einzelfällen und befristet von „Erlaubnis- oder Genehmigungserfordernissen“ abweichen dürfen. Bislang dürfen laut Arzneimittelgesetz (AMG) nur Apotheken und Hersteller auseinzeln.

Durch die Erweiterung sollen Bereitstellung und Verteilung von bevorrateten Arzneimitteln flexibler gestaltet werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn auf regionaler oder lokaler Ebene unvorhersehbare Versorgungsprobleme drohen. Neben den Großhändlern sollen auch die Gesundheitsämter Teilmengen entnehmen und an andere Behörden liefern dürfen.

Auch nicht zugelassene Arzneimittel sollen in besonderen Fällen befristet in Umlauf gebracht werden dürfen. Zudem sieht der Entwurf vor, dass Medikamente, die von Bund und Ländern eingelagert wurden, auch nach Ablauf ihres Verfallsdatums verwendet werden können. Dabei darf allerdings weder die Wirksamkeit und noch die pharmazeutische Qualität beeinträchtigt sein.

Mit den Änderungen geht die Bundesregierung auch auf die Erfahrungen aus der Verteiligung des Schweinegrippe-Impfstoffs Pandemrix vor zwei Jahren ein: Zunächst konnte der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) nicht die erforderlichen Mengen liefern; die Apotheken konnten daher nicht rechtzeitig auseinzeln und an die Arztpraxen liefern. Verzögerungen gab es auch, weil in einigen Bundesländern nur wenige oder gar nur eine einzige Apotheke für die Verteilung der Dosen verantwortlich waren. Nach dem Ende der Welle mussten Millionen Impfstoff-Dosen entsorgt werden.

Die IGV wurden das letzte Mal 1969 umgesetzt und sind daher überholt. Nach der letzten Aktualisierung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sah die Regierung nun Handlungsbedarf.