Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wehrt sich gegen den Vorwurf, er sei ein „Apothekenminister“. Das von ihm geplante Rx-Versandverbot sieht er als Schutz der Bevölkerung vor dem Zusammenbruch einer flächendeckenden Versorgung. Fraglos kommt er bei den Apothekern damit gut an. Bei einer ganz besonders: Apothekerin Gabi Flecken aus Neuss macht sogar Wahlkampf für den Minister.
Flecken ist langjähriges CDU-Mitglied, bekleidet in der Partei aber keine Ämter. Sie arbeitet als angestellte Apothekerin in der Marien-Apotheke OHG in Neuss – und das ist bekanntlich Gröhes Wahlkreis. Die beiden kennen sich persönlich.
Gröhe möchte nicht nur gerne Minister bleiben, er hat auch ein Direktmandat zu verteidigen. Deshalb hat das Team aus seinem Neusser Abgeordnetenbüro am 5. September eine Wahlkampfaktion gestartet. Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Berufsgruppen, Alters und Geschlechts aus Gröhes heimischen Wahlkreis wurden angefragt, insbesondere aus Neuss. Für das „Bekenntnis“ zu Gröhe gab es eine entsprechende Vorlage für die Kampagne, die ausschließlich in den sozialen Medien läuft.
Auch Flecken wurde kontaktiert – und war sofort Feuer und Flamme. Im Stile eines Wahlplakats wirbt sie für „ihren“ Abgeordneten. „Ich wähle Hermann Gröhe, weil er sich für seine Mitmenschen einsetzt“, heißt es auf dem Bild. Am unteren Bildrand steht: Gabi Flecken, Apothekerin. Die Pharmazeutin wirbt bewusst nicht nur als Privatperson für Gröhe, sondern auch als Vertreterin ihres Berufs.
Obwohl sie die CDU seit Jahren unterstützt, hat sie nie höhere Weihen angestrebt: „Ich bin keine Politikerin, bei der Aktion habe ich als ‚ganz normaler Mensch‘ mitgemacht“, so Flecken gegenüber APOTHEKE ADHOC. Ihr Mann ist in der Partei aktiv, ihn unterstütze sie bei der Arbeit. Sie engagiert sich neben der Apotheke noch in Neuss, seit die vier Kinder aus dem Haus sind, arbeitet sie auch wieder mehr in der Apotheke. „Das macht mir wahnsinnig viel Spaß“, so die Neusserin.
Flecken ist überzeugt, dass solche Aktionen an der Basis einen Effekt haben: „In Neuss macht so etwas viel aus.“ Wirklich nötig haben dürfte Gröhe den engagierten Wahlkampf allerdings nicht: Bei der Bundestagswahl 2013 holte er in seinem Wahlkreis Neuss I ungefährdet das Direktmandat. Gröhe konnte sein Ergebnis sogar auf 51,6 Prozent der Erststimmen verbessern. Er ist seit 1994 im Bundestag, nur bei seiner ersten Kandidatur sowie 2002 rückte er über die Landesliste Nordrhein-Westfalen ins Parlament, ansonsten immer als Direktkandidat.
Gröhe hat Fleckens Bild auf seiner eigenen Facebook-Seite veröffentlicht. Der Minister schreibt dazu: „Für den Rückenwind in der Heimat bin ich sehr dankbar!“ Natürlich darf der Hashtag #fedidwgugl nicht fehlen: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“
In den zahlreichen Kommentaren unter dem Post geht es hauptsächlich um Hebammen und die Geburtshilfe. Der Bundesgesundheitsminister muss hier viel Kritik einstecken. Eine Nutzerin findet, dass Gröhe nichts für diese Berufsgruppe und auch nichts für Pflegekräfte getan hat, „aber schön, wenn es den ApothekerInnen gut geht“. Sogar eine Apothekerin sagt sich wegen der Politik zum Thema Geburtshilfe von der CDU los.
Eine andere Nutzerin findet es absolut nachvollziehbar, dass eine Apothekerin die CDU wählt, denn Gröhe setze sich tatsächlich ein. „Und jeder, der im Thema steht, weiß auch, dass er sich damit auch für eine weiterhin gute Medikamentenversorgung der Bevölkerung einsetzt, nicht nur für Apotheke (hat mit Pharmaindustrie übrigens nur wenig gemein, auch wenn das immer in einen Topf geworfen wird). Allerdings finde ich auch es nicht fair gegen sein Engagement für Apotheken zu schießen, weil es bei Themen wie Pflege und Geburtshilfe genug Gründe für berechtigte Kritik gibt.“
Bei den Apothekern hat die CDU insgesamt einen sehr guten Stand. Laut einer Umfrage von APOSCOPE gaben Anfang September 48,2 Prozent der Teilnehmer an, am kommenden Sonntag der Union ihre Stimme zu geben. Die SPD käme dagegen nur auf 9,3 Prozent. Nur dahinter folgt als drittstärkste Kraft Die Linke mit 8,5 Prozent. Die Grünen würden laut der APOSCOPE-Umfrage dagegen an der 5-Prozent-Hürde scheitern, mit 4,6 Prozent immerhin knapper als die FDP mit 3,2 Prozent. Die AfD (4 Prozent) wollen die Apotheker allerdings auch nicht im Parlament sehen. An der APOSCOPE-Umfrage nahmen am 25. August 2017 insgesamt 527 Apotheker (298) und PTA (229) teil.
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