Nach Nordrhein zeichnet sich jetzt die bundesweit zweite Modellregion für Grippeschutzimpfungen durch Apotheker ab. Der Bayerische Apothekerverband (BAV) befindet sich nach eigenen Angaben in aussichtsreichen Gesprächen mit der AOK Bayern. Modellregion soll danach die Oberpfalz werden. Dort gibt es 267 Apotheken: „Wir sehen die Ziellinie vor uns“, sagt Josef Kammermeier, Inhaber der Stadtpark-Apotheke in Regensburg, und stellvertretender Vorsitzender des BAV.
Seit Jahresbeginn laufen die Gespräche – unterbrochen von der Corona-Krise. Jetzt sollen die „äußerst intensiven“ Verhandlungen in Kürze zum Abschluss kommen. Die Einigung auf ein Honorar steht noch aus: „Das ist aber nicht die Gretchenfrage für mich, sondern wie sich die Apotheker dem neuen Thema öffnen“, so Kammermeier, der die Verhandlungen mit der AOK Bayern führt. In einer Umfrage unter Apothekern der Region gab es positive Resonanz. Daher rechnet Kammermeier mit einer Beteiligung von einem Drittel bis zur Hälfte der 267 Apotheken in der Oberpfalz.
Auch mit den Ärzten steht man beim BAV in Kontakt. „Es geht ja nicht um substituierende Impfungen, sondern um ergänzende Grippeschutzimpfungen“, so Kammermeier. Im vergangenen Jahr seien in Bayer nur 1,5 Millionen von 13 Millionen Einwohnern Bayerns gegen Grippe geimpft worden: „Das ist ausbaufähig“, so Kammermeier. Auf ein auskömmliches Honorar festlegen möchte sich der BAV-Vize noch nicht. Aber 7,81 Euro, die die Ärzte für das Impfen erhalten, reichten sicherlich nicht aus, die Grundkosten der Apotheker zu decken. „Das Honorar von Ärzten und Apotheker kann man nicht vergleichen, da gibt es ganz andere Strukturen“, so Kammermeier, der hofft, dass in der Oberpfalz im Herbst erste Grippeschutzimpfungen durch Apotheker durchgeführt werden können.
Kürzlich hatte der Apothekerverband Nordrhein das erste bundesweite Modellvorhaben mit der AOK Rheinland/Hamburg abgeschlossen: Die Vertragspartner erfüllten damit den Auftrag des Gesetzgebers im Kontext des zum 1. März in Kraft getretenen Masernschutzgesetzes. Demnach sollen Apotheker in öffentlichen Apotheken Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Rahmen von Modellvorhaben gegen Influenza impfen. Das Modellvorhaben läuft laut AVNR über einen Zeitraum von drei Jahren und wird nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards begleitet und ausgewertet.
„Wir freuen uns, dass wir mit der AOK Rheinland/Hamburg jetzt bundesweit den ersten Vertrag im Rahmen eines Modellvorhabens zur Grippeschutzimpfung vereinbaren konnten“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein: „Unser Ziel ist es, die Durchimpfungsraten weiter zu steigern. Dabei sehen wir unser Angebot als eine Ergänzung zum Impfangebot der Ärzteschaft.“ Bislang seien nur rund 35 Prozent der Bundesbürger ab 60 Jahren gegen Grippe geimpft, ergänzt Preis und weist darauf hin, dass Deutschland von den auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO angestrebten 75 Prozent noch weit entfernt sei.
Bevor die Impfungen in Apotheken im Rahmen des Modellvorhabens durchgeführt würden, müssen die daran teilnehmenden Apothekerinnen und Apotheker eine spezielle Fortbildung absolvieren. Dazu habe die Bundesapothekerkammer entsprechende Leitlinien erarbeitet, so Preis.
Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, betont, dass sich die Gesundheitskasse bundesweit bereits im Oktober letzten Jahres aktiv für das zusätzliche Impfangebot beim Grippeschutz in Apotheken eingesetzt habe: „Dieser weitere, niedrigschwellige Zugang zur Impfung macht es den Menschen leichter, sich gegen Influenza impfen zu lassen. Die Grippeschutzimpfung ist eine der bedeutendsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen: Mit ihr können viele Grippetote vermieden werden“, erklärte Wältermann.
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