Im März wurde in Deutschland der erste tetravalente Impfstoff gegen saisonale Grippe zugelassen. Fraglich ist allerdings, wer diesen Impfstoff überhaupt erhalten kann: Denn in zehn Bundesländern haben die Krankenkassen bereits Rabattverträge über trivalente Impfstoffe abgeschlossen, teilweise sogar über die zwei kommenden Impfsaisons.
Aus Sicht von GlaxoSmithKline (GSK), dem Hersteller von Influsplit Tetra, ist das ein Unding: „Krankenkassen sollten Leistungen, die medizinisch notwendig, sinnvoll und zweckmäßig sowie wirtschaftlich sind, erstatten. Diese Punkte treffen auf Influsplit Tetra in vollem Umfang zu“, so eine Konzernsprecherin. Ausschreibungen in der derzeitigen Form sieht sie als „Innovationshemmnis“.
Der Nutzen des tetravalenten Impfstoffs hängt GSK zufolge von den in einer Saison zirkulierenden Viren ab und kann „gering bis erheblich“ sein. Rückblickend hätten demnach von 2001 bis 2012 durchschnittlich 18 Prozent der Grippeerkrankten von dem Vierfach-Impfstoff profitieren können. „Durch die breitere Abdeckung mit vier Impfstämmen hat im Prinzip jede Personengruppe einen Vorteil“, so die Sprecherin.Das sehen die Kassen anders: „Der Impfstoff ist nicht signifikant besser“, argumentiert etwa ein Sprecher der Barmer GEK. Er gibt außerdem zu Bedenken, dass es den Impfstoff bislang nur von einem Hersteller gebe: Würde die Ständige Impfkommission (StiKo) jetzt eine Empfehlung für den tetravalenten Impfstoff aussprechen, könnte die Produktion gar nicht so schnell umgesetzt werden.
Bei GSK ist man anderer Meinung: „Theoretisch könnte unser Werk in Dresden die komplette Produktion auf die Herstellung von tetravalentem Impfstoff umstellen“, so die Konzernsprecherin. Wegen Lieferverpflichtungen für die kommende Saison werde derzeit auch trivalenter Grippeimpfstoff produziert.Es stehe aber für alle Patienten ausreichend Ware zur Verfügung, betont die Sprecherin. Vor allem Firmen hätten für die freiwillige Impfung ihrer Beschäftigten Interesse an dem Impfstoff bekundet. Auch Privatversicherte können den Impfstoff erhalten. „Influsplit Tetra ist nicht teurer als bisher verfügbare Dreifach-Impfstoffe.“
Die AOK Nordwest betont, dass die Grippeimpfstoffe im Rahmen der Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI) und der StiKo ausgeschrieben werden – und Präferenzen für bestimmte Impfstoffe explizit ausgeschlossen seien. „Der Zusatznutzen bestimmter Grippeimpfstoffe ist zur Zeit nicht durch klinische Endpunktstudien belegt.“Die Krankenkassen in Bayern erklären, die Ausschreibung habe alle Grippeimpfstoffe berücksichtigt, die für die Impfung aller Altersgruppen geeignet seien. Da Influsplit Tetra für Personen ab drei Jahren zugelassen ist, konnte sich der Konzern mit dem Impfstoff nicht beteiligen.
Die StiKo empfiehlt derzeit die „Impfung mit einem Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination“. Die Weltgesundheitsorganisation wiederum hatte im Februar erstmals sowohl für trivalente als auch für tetravalente Impfstoffe eine Empfehlung zur Zusammensetzung gegeben – beide Arten dürfen also verimpft werden.Eine RKI-Sprecherin betont, dass keine Impfstoffe, sondern lediglich Impfungen empfohlen werden. Lediglich in Ausnahmefällen würden Impfstofftypen benannt. Mit einer Entscheidung zu den tetravalenten Impfstoffen ist jedoch in naher Zukunft nicht zu rechnen: „Zu dem Thema wird es für die kommende Saison keine Stellungnahme der StiKo geben“, sagt die RKI-Sprecherin. In der kommenden Saison wird den Vierfach-Impfstoff also nur erhalten, wer auch für ihn zahlt.
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