Am 23. Oktober wird das Masernschutzgesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages beraten. Darin enthalten sind auch die für Apotheker relevanten Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen. Bei der Anhörung nicht mitmachen darf die ABDA: Die Standesvertretung der Apotheker wurde vom Gesundheitsausschuss bislang nicht dazu geladen. Und das Schicksal des Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) ist ungewisser denn je.
18 Verbände und drei Einzelsachverständige stehen auf der Liste der geladenen Teilnehmer. Die ABDA ist nicht dabei. Dafür können in der Anhörung unter anderem die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), die Bundesärztekammer (BÄK), der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sowie die Krankenkassen ihre Meinung äußern. Bekanntlich lehnen die Ärztevertreter die geplanten Modellprojekte zu Grippeschutzimpfungen durch Apotheker ab. Da die Modellvorhaben relativ kurzfristig in das Masernschutzgesetz umgezogen wurden, könnte die ABDA aber nachträglich doch noch eingeladen werden.
Denn ansonsten könnte den Abgeordneten des Gesundheitsausschusses eine einseitige Sichtweise präsentiert werden. Auch Vertreter der Krankenkassen lehnen diese Modellvorhaben ab: „Das Impfen ist die Aufgabe von Ärzten“, sagte kürzlich der Chef der Barmer, Professor Dr. Christoph Straub. „Impfen ist einfach nicht nur ein Pieks in den Arm”, lehnte Ex-Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery beim letzten Deutschen Ärztetag das Vorhaben kategorisch ab. „Impfungen sind mehr als die Injektion und nicht ohne Grund eine originär ärztliche Aufgabe“, warnte auch KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister vor einer Gefährdung des Patientenwohls.
In ihrer Stellungnahme zum Apothekenstärkungesetz äußerte die KBV die Sorge, dass die von Gesundheitsminister Spahn vorgesehenen Modellvorhaben, das „hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen“ absenken könnte. So könnten seltene, aber schwerwiegende Komplikationen auftreten, die etwa im Falle eines allergischen Schocks sofortiger ärztlicher Notfallmaßnahmen bedürfen, hieß es weiter.
Darin wies die KBV zudem darauf hin, dass zu einer Impfung auch die Impfanamnese, die Aufklärung, der Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen sowie bei bestehenden Erkrankungen die Bewertung, ob eine Impfung durchgeführt werden könne, gehören. All dies setze eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus, „über die Apotheker jedoch nicht verfügen“. Eine einmalige theoretische ärztliche Schulung der Apotheker sei „keinesfalls ausreichend“.
Die Übertragung der Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen ist im ersten Änderungsantragspaket enthalten. Erwartet wird ein zweites Paket mit sogenannten „fachfremden“ Änderungsanträgen. Darin könnten auch die im Apothekenstärkungsgesetz vorgesehen Wiederholungsrezepte ins Masernschutzgesetz übertragen werden. „Die Befugnisse des Apothekers und der Apothekerin werden darüber hinaus erweitert: Im SGB V und in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) werden die Voraussetzungen für die Einführung der wiederholten Arzneimittelabgabe auf einer Verschreibung geschaffen“, heißt es im VOASG.
Und weiter: „Die wiederholte Abgabe eines zur Anwendung bei Menschen bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf dieselbe Verschreibung bedarf der Anordnung der verschreibenden Person. Die verschreibende Person kann eine Verschreibung ausstellen, nach der eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verschreibungen sind als Verschreibungen zur wiederholten Abgabe zu kennzeichnen. Bei der wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung ist das verschriebene Arzneimittel jeweils in derselben Packungsgröße abzugeben, die die verschreibende Person für die erstmalige Abgabe auf der Verschreibung angegeben hat. Die wiederholte Abgabe eines zur Anwendung bei Tieren bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf dieselbe Verschreibung über die verschriebene Menge hinaus ist unzulässig.“
Ob weitere Teile aus dem Apothekenstärkungsgesetz – wie die für die Apotheker besonders wichtigen neuen pharmazeutischen Dienstleistungen – ins Masernschutzgesetz übertragen werden, ist noch unklar. Für nächste Woche hat Spahn seinen Besuch zur Sitzung der AG Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angekündigt. Spätestens dann muss die Entscheidung fallen, damit am Folgetag mögliche weitere Änderungsanträge im Gesundheitsausschuss beraten werden können. Damit ist das Schicksal des Apothekenstärkungsgesetzes unsicherer denn je. In der CDU/CSU-Fraktion will man das Gesetz erst auf die Tagesordnung des Bundestages setzen, wenn eine eindeutige Stellungnahme der EU-Kommission vorliegt. Vertreter des BMG werden noch zu Gesprächen nach Brüssel reisen.
APOTHEKE ADHOC Debatte