Die nationale Reserve ist da: Apotheken können ab sofort die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) georderten Impfstoffe bestellen und an die Ärzte ausliefern. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) informiert darüber, dass zwei Vakzine aus dem Ausland jetzt freigegeben und im Handel sind.
Der Impfstoff „Fluzone High Dose Quadrivalent“ ist für Personen ab 65 Jahren zugelassen, aber in Europa noch gar nicht auf dem Markt. Trotzdem hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach eigenen Angaben 500.000 Dosen beim Hersteller Sanofi bestellt, um ältere Menschen ab 65 Jahren zu schützen. Entsprechend soll der Impfstoff vorzugsweise in Alten- und Pflegeheimen eingesetzt werden. Ärzte, die hier Bewohner betreuen, können diesen Impfstoff laut PEI wie gewohnt über die Apotheken bestellen. Der Vertrieb erfolgt über den Großhandel.
Fluzone High-Dose Quadrivalent kommt in US-amerikanischer Aufmachung. Der Impfstoff ist auf Basis der Regelungen der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) in Deutschland verkehrsfähig und ab dieser Woche (KW 46) im Handel. In der EU ist ein vergleichbarer Impfstoff unter dem Markennamen Efluelda zwar zugelassen, aber noch nicht verfügbar.
Der Impfstoff besitzt die vierfache Antigenmenge im Vergleich zu den herkömmlichen Grippeimpfstoffen. Die Vakzine sollte ursprünglich von Gesundheitsbehörden und dem öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) bestellt werden und ausschließlich zur Vorbeugung von Ausbrüchen in Pflege- und Altenheimen und Krankenhäusern oder bei Impfaktionen des ÖGD zum Einsatz kommen. Nachdem Spahn vor einigen Wochen einräumte, dass es hier noch kein Logistikkonzept gibt, ist nun offenbar die Auslieferung über die Apotheken vorgesehen.
Auch Vaxigrip Tetra wurde vom BMG als Reserve in französischer Aufmachung beschafft und ist laut PEI nun ebenfalls im Handel. Die Importware ist äquivalent zum deutschen Impfstoffprodukt Vaxigrip Tetra 2020/2021 und ebenfalls auf Basis der Regelungen der MedBVSV in Deutschland verkehrsfähig. Auch Vaxigrip Tetra wird über die bestehenden Vertriebswege in Deutschland abgegeben und kann laut PEI zu den normalen Konditionen bestellt werden. „Bei der Bestellung ergeben sich für den Großhandel, für Apotheken sowie für die Ärzteschaft keine Besonderheiten.“
Vaxigrip Tetra ist für die Anwendung bei Erwachsenen, einschließlich schwangeren Frauen, und Kindern ab einem Alter von sechs Monaten sowie zum passiven Schutz von Säuglingen ab der Geburt bis zu einem Alter von weniger als sechs Monaten nach der mütterlichen Immunisierung während der Schwangerschaft zugelassen. Die Anwendung von Vaxigrip Tetra sollte gemäß den offiziellen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) erfolgen.
Laut BMG stehen in dieser Saison insgesamt 26,675 Millionen Dosen zur Verfügung, inklusive der nationalen Reserve. Mehrere Impfstoffe wurden vom Bund bestellt:
Welche Mengen jeweils bestellt wurden, ist vertraulich. Ein großer Anteil der Reserve entfällt auf Vaxigrip Tetra, 500.000 Dosen auf Fluzone. Ursprünglich hatte das vom Bund beschaffte Kontingent erst ab KW 47 ausgeliefert werden sollen, nun kommt es eine Woche früher.
Wie viele Impfstoffe aus der Reserve aber überhaupt noch zur Verfügung stehen, ist nicht bekannt. Seqirus etwa hatte nach eigenen Angaben auch schon einen Teil der Reserve im September ausgeliefert. GSK wird in den Monaten November und Dezember weitere Dosen Influsplit Tetra ausliefern. „Wir liefern in der Regel an Großkunden, das sind vor allem der vollsortierte pharmazeutische Großhandel aber auch Kliniken“, so eine Sprecherin. Auf die Verteilung durch den Großhandel habe man als Hersteller keinen Einfluss. „Wir bedauern, dass in manchen Arztpraxen und Apotheken nicht genügend Impfstoffe zur Verfügung stehen, gehen aber davon aus, dass es sich um lokale Engpässe handelt.“
In den vergangenen Wochen hatten Ärzte und Apotheker ihren Unmut über die fehlenden Impfstoffe Luft gemacht. Während kaum noch Vakzine vorrätig waren und nur noch vereinzelt Ware geliefert wurde, warb das BMG auf Postern für die Impfung. Spahn reagierte auf Nachfragen gereizt, sein Ministerium behauptete, dass in Apotheken und Praxen noch Dosen vorrätig seien. Laut PEI sind mittlerweile 22,7 Millionen Dosen freigegeben.
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