Das Chaos bei Grippeimpfstoffen im vergangenen Jahr hat bei der Koalition Spuren hinterlassen. Ausschreibungsgewinner Novartis konnte seine Rabattvereinbarungen wegen Lieferengpässen nicht bedienen. Während Ärzte und Apotheker eine Abschaffung der Ausschreibungen in diesem sensiblen Bereich fordern, wollen Union und FDP in den Verträgen festschreiben lassen, dass „Vereinbarungen zur Sicherstellung einer rechtzeitigen und bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten“ abgeschlossen werden.
Die Versorgung mit Impfstoffen müsse auch dann gewährleistet bleiben, wenn die Vertragspartner nicht lieferfähig seien, heißt es im einem Änderungsantrag der Koalition. Dazu müsse das Sozialgesetzbuch erweitert werden: Wenn die rabattierten Impfstoffe nicht, nicht rechtzeitig oder nicht bedarfsgerecht lieferbar seien, müssen die Krankenkassen demnach ermöglichen, dass andere Impfstoffe verordnet werden können.
Die Kassen sollen sich beim Hersteller regelmäßig über den Produktionsfortschritt informieren und feste Liefertermine für die Verfügbarkeit in den Apotheken vereinbaren. Zudem soll es einen finanziellen Ausgleich geben, wenn die benötigte Menge nicht geliefert kann und andere Impfstoffe beschafft werden müssen.
Auch die „rechtzeitige Möglichkeit zur Öffnung der Versorgung durch andere Hersteller“ soll sichergestellt werden. Falls der rabattierte Impfstoff nicht rechtzeitig oder nur in zu geringen Mengen lieferbar sein sollte, müssen andere Impfstoffe zu Lasten der Kassen verordnungsfähig sein. In den derzeitigen Rabattverträgen verpflichten sich die Hersteller zwar auch zur Lieferfähigkeit. Bei Ausfällen greifen jedoch nur Sonderkündigungsrechte oder Vertragsstrafen.
Die Änderung gilt für alle Rabattverträge über Schutzimpfungen. Mit den neuen Vereinbarungen soll jedoch insbesondere die Situation bei Grippeimpfstoffen entschärft werden. Laut Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, sind derzeit auch FSME-Impfstoffe in Baden-Württemberg und Bayern nicht lieferbar.
Mit weiteren Änderungsanträgen reagierte die Koalition auch auf vermeintliche Missstände der Vergangenheit: So sollen etwa die Gehälter von Vorstandsmitgliedern im Gesundheitswesen künftig zunächst durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG), das Bundesversicherungsamt und die Länder genehmigt werden.
Betroffen davon sind die Vorstände der Krankenkassen, des GKV-Spitzenverbands, der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung, des GKV-Spitzenverbands, der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie die hauptamtlichen Unparteiischen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hintergrund waren Streitigkeiten um das Gehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler.Krankenkassen sollen außerdem ihre Mietverträge vor Abschluss vorlegen, wenn die Fläche 7500 Quadratmeter überschreitet und eine Mietdauer von mehr als zehn Jahren vorgesehen ist. Der Bundesrechnungshof hatte bereits 2011 kritisiert, dass die Kassen zu viel, zu teuer und zu lange mieteten.
Schließlich sollen Arzneimittelhersteller künftig melden, auf welche Art und in welcher Höhe sie Ärzte für Anwendungsbeobachtungen entschädigt haben. Dabei soll auch begründet werden, warum der Ausgleich angemessen ist.
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