Eine Obergrenze der Apothekenvergütung bei Impfstoffen ist aus Sicht der Regierungsfraktionen angemessen: Ein entsprechender Änderungsantrag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) liegt vor, eine endgültige Entscheidung ist für den 13. März geplant. Der Antrag behandelt unter anderem die Versorgung mit saisonalen Grippeimpfstoffen. Die Neuerungen sollen künftig Engpässe vermeiden und die Vergütung für Apotheker deckeln, schließlich ist die Abgabe der Vakzine an die Ärzte nicht an eine Beratungsleistung geknüpft.
Ärzte und Apotheken müssen bei der Versorgung der Patienten mit Grippeimpfstoffen die Wirtschaftlichkeit im Blick haben. In der Saison 2018/19 hatten Mediziner verhalten Vorbestellungen abgegeben, weil sie einen Regress fürchteten. Die Sorge soll den Ärzten mit dem Entwurf zum TSVG genommen werden. Eine „angemessene Überschreitung der Menge gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen“ gilt laut Änderungsantrag „grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich“.
In der Begründung heißt es, dass die herstellungsbedingten Besonderheiten von Grippeimpfstoffen und die kurzen Vorbestellfristen die Versorgung gefährden können. Ärzte sollen zur Sicherstellung der Versorgung einen angemessenen „Sicherheitszuschlag“ einkalkulieren. Dabei müssen die Mediziner keine Regressforderungen befürchten, wenn am Ende weniger Impfungen durchgeführt werden. Als angemessen gilt: „Für eine Impfsaison sollte eine bis zu 10-prozentige Überschreitung gegenüber der erst im Nachhinein tatsächlich feststellbaren Menge durchgeführter Impfungen in jedem Fall noch als ‚wirtschaftlich‘ gewertet werden“.
Der Entwurf zum TSVG nimmt zudem die Kassenärztliche Bundesvereinigung und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in die Pflicht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung soll verpflichtet werden bis zum 15. Januar eines Kalenderjahres den Bedarf an Grippeimpfstoffen an das PEI zu melden. Dabei soll der Bedarf auf die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen aufgeschlüsselt werden, diese müssen wiederum den Bedarf anhand der geplanten Bestellungen bei den einzelnen Vertragsärzten abrufen. Das PEI wiederum prüft den gemeldeten Bedarf unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Reserve von 10 Prozent bis zum 15. März eines Kalenderjahres und meldet diesen „unverzüglich“ an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Hersteller. Die Regelung diene der Schaffung von mehr Transparenz hinsichtlich einer ausreichenden Versorgung und somit der Vermeidung von Lieferengpässen.
Eine Änderung könnte es auch in § 1 AMPreisV geben. Diese soll regeln, dass die Preise und Preisspannen nach AMPreisV zur Anwendung kommen, wenn es sich um die Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte handelt. Die Hersteller sollen nach § 78 Absatz 3 Satz 1 AMG einen einheitlichen Abgabepreis sicherstellen. Auf diesen seien dann die Zuschläge der AMPreisV zu erheben.
Künftig soll es für Grippeimpfstoffe einen abweichenden Apothekenzuschlag geben. Dazu soll die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geändert werden. In § 3 Absatz 1 Satz 1 heißt es bislang: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken sind zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro zuzüglich 16 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes sowie die Umsatzsteuer zu erheben.“ Der Entwurf sieht vor den Satz zu ergänzen und zwar wie folgt: „Abweichend sind bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte durch die Apotheken ein Zuschlag von 1 Euro je Einzeldosis, höchstens jedoch 75 Euro je Verordnungszeile, sowie die Umsatzsteuer zu erheben.“
Eine Obergrenze für die Apothekenvergütung sei „angemessen“. Schließlich handele es sich nicht um eine Abgabe an Versicherte, sondern an Ärzte und somit ist eine Beratungsleistung durch die Apotheke nicht erforderlich. „Auch der logistische Aufwand der Apotheke wird ausreichend berücksichtigt“, heißt es im Antrag.
Der Änderungsantrag zielt außerdem darauf ab, dass Vakzine für Schutzimpfungen kein Gegenstand von Rabattverträgen sein können. „Die Behörden in den Ländern, die für die Durchführung von Schutzimpfungen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständig sind, sollen ebenfalls mit den Krankenkassen oder ihren Verbänden Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen nach dem Infektionsschutzgesetz schließen können.“
Des Weiteren werden die zusätzlichen Abschläge von 5 Prozent für Impfstoffe und 10 Prozent für Grippeimpfstoffe auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Herstellers gestrichen. Zwar sei dies grundsätzlich zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven im Jahr des Inkraftretens geeignet, jedoch könnte für die Folgejahre nicht davon ausgegangen werden, dass der zusätzlich Abschlag durch den pharmazeutischen Unternehmer beim Herstellerabgabepreis berücksichtigt würde und sich somit keine Einsparungen ergeben würden.
Ein zusätzlicher Abschlag berge außerdem ein Risiko für die Impfstoffversorgung, denn dadurch liege der Preis unterhalb des europäischen Referenzpreises, was die Produktionsplanung für Deutschland reduzieren werde. In der Folge bestehe die Gefahr, dass sich Hersteller aus dem deutschen Markt zurückziehen oder Ware aus dem deutschen Markt für den Export abgezogen werde.
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