Der GKV-Spitzenverband will seine Position für die anstehenden Verhandlungen mit den Apothekern über Nullretaxationen noch einmal verbessern. In der Gesetzesformulierung solle klarer herausgestellt werden, dass ein Vergütungsanspruch nur dann bestehe,
wenn „sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Abgabevorschriften beachtet wurden“, heißt es in der Stellungnahme zum Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG). Dies solle eine Einigung der Rahmenvertragspartner erleichtern. Zusätzlich sollen die Ärzte für veraltete Software bestraft werden.
Formale Vorgaben, beispielsweise aus der Arzneimittelverschreibungsverordnung oder der Betäubungsmittelverordnung, dienten der Arzneimitteltherapiesicherheit. „Bei Verstößen gegen diese formalen Vorgaben handelt es sich nicht um 'unbedeutende formale Fehler'“, schreibt der GKV-Spitzenverband. „Nur lässliche Fehler ohne Auswirkungen auf die Versorgungsqualität und die Arzneimitteltherapiesicherheit können dazu führen, dass grundsätzlich ein Vergütungsanspruch für den Apotheker entstehen kann.“
Wo die Grenze zu ziehen ist, schreiben die Kassenvertreter nicht. Die Rahmenvertragspartner hätten sich an der einschlägigen Rechtsprechung zu orientieren, heißt es in der Stellungnahme. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte Nullretaxationen als Sanktionsinstrument grundsätzlich für rechtmäßig erklärt, das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das Urteil abgewiesen.
Für den Fall, dass Nullretaxationen bei kleineren Abgabefehlern doch nicht durchzusetzen sind, wollen die Kassen wenigstens eine Entschädigung: „Zudem ist der Aufwand zu berücksichtigen, der den Krankenkassen durch einen Verstoß gegen Abgabevorschriften entsteht“, heißt es in der Stellungnahme. Vor diesem Hintergrund ist Sicht der Kassen die Vorgabe an die Vertragspartner, eine rahmenvertragliche Lösung zu finden, auch sachgerecht.
An anderer Stelle will der GKV-Spitzenverband den Apotheken Retaxationen ersparen: „Mangelnde Aktualität der Arztsoftware ist eine wesentliche Ursache für Fehler, die Retaxierungsvorgänge gegenüber Apotheken ausgelöst haben. Stünden dem verordnenden Arzt tagesaktuelle Informationen zu Produkten und Preisen in der Software zur Verfügung, könnte er diese Aspekte bei seiner Verordnungsentscheidung berücksichtigen. Dies würde es ihm auch ermöglichen, die Patienten besser über ihre Verordnung und gegebenenfalls Alternativen zu informieren. Unklarheiten zwischen den beteiligten Akteuren würden so deutlich verringert.“
Dass die Ärzte künftig nur noch mit zertifizierter Software arbeiteten, sei sachgerecht. Denn fehlerhafte Verordnungen führten in der Praxis bei allen Beteiligten zu Rechtsunsicherheiten, einem hohen bürokratischen Aufwand sowie zu möglichen Problemen in der Patientenversorgung.
Der GKV-Spitzenverband fordert, die gesetzlichen Anforderungen zu spezifizieren: Die Informationen müssten nach dem Meldestand der pharmazeutischen Unternehmer und weiterer Anbieter – derzeit 14-tägig – aktuell sein. Dies sei im Referentenentwurf zum E-Health-Gesetz aufgegriffen worden.
Heute äußerten sich Probleme durch unklare oder fehlerhafte Verordnung erst außerhalb der Arztpraxis, etwa bei Einlösung der Verordnung in einer Apotheke oder bei einem Heilmittelerbringer. „Dem Arzt selbst entsteht kein Nachteil durch fehlerhafte Verordnungen. Aus diesem Grund gibt es für die Ärzte kaum einen Anreiz, diese Fehler zu minimieren“, kritisiert der GK-Spitzenverband.
Die Schaffung „anlassgerechter Sanktionsmöglichkeiten“ für Ärzte mit veralteter Software würde die Qualität der Verordnungen im Sinne der Patientenversorgung deutlich fördern, finden die Kassen. Aus den Erfahrungen im Arzneimittelbereich zeige sich, dass die bisher durchgeführten Zertifizierungsverfahren für Praxissoftware bei Weitem nicht ausreichten, so der GKV-Spitzenverband. Die Funktionalität der Software müsse entsprechend der Vorgaben im täglichen Einsatz regelmäßig überprüft werden, um Folgeprobleme bei der Patientenversorgung oder Rechnungskürzungen aus Zertifizierungsschwächen zu vermeiden.
Bereits vor einem Jahr hatte der GKV-Spitzenverband vor geschlagen, die Bereitstellung der Daten für Arzt- und Apotheken-EDV einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen. „Die Verwaltung der PZN und insbesondere der damit geschlüsselten Preis- und Produktinformationen hat inzwischen eine hoheitliche Bedeutung über die GKV hinaus und ist den kritischen IT-Infrastrukturen zuzurechnen“, heißt es in der Stellungnahme zum Pharmapaket. Die Bereitstellung der Preis- und Produktinformationen solle daher als öffentlich-rechtliche Aufgabe unter die Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gestellt werden, so die Kassen.
Der AOK-Bundesverband hatte sich in seiner Stellungnahme gegen eine bundesweit einheitliche Lösung ausgesprochen. Stattdessen sollten Apothekerverbände und Krankenkassen auf Landesebene über Nullretaxationen verhandeln.
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