Damit die Versorgung wieder besser funktioniert, fordert die Unionsfraktion gezielte Investitionen in die Strukturen – auch in die Apotheken. Denn weder das Honorar noch die Engpasspauschale seien offenbar ausreichend, heißt es in einem Antrag, der morgen im Gesundheitsausschuss beraten wird. Die Kassen wollen davon erwartungsgemäß nichts wissen.
„Die Forderung nach einer höheren Vergütung für Apotheken im Falle von Lieferengpässen wird nicht unmittelbar zu einer verbesserten Versorgung führen“, schreibt der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zum Antrag. Vielmehr liege der Schlüssel zur Lösung der Problematik in einer verbesserten Information der Verordnenden über drohende Nichtverfügbarkeiten von Arzneimitteln. „Wenn diese Informationen zum Zeitpunkt der Verordnung berücksichtigt werden und dadurch eine alternative Arzneimittelauswahl erfolgen kann, sinkt auch der Aufwand in den Apotheken. Dies würde Unsicherheiten und Mehraufwände bei Patientinnen und Patienten verringern, die sich durch erneute Austausch- und Beratungsprozesse ergeben.“
Was die Anpassung der Apothekenvergütung insgesamt angeht, müsse zunächst „Transparenz über die wirtschaftliche Situation auf Basis repräsentativer Daten“ geschaffen werden. „Diese wurde letztmalig im Jahr 2018 durch ein Gutachten des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie hergestellt. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein erheblich zu hohes Fixum und erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven festgestellt.“
Um eine adäquate Höhe der Apothekenvergütung festlegen zu können, wäre es laut GKV-Spitzenverband also zunächst notwendig, die damals gesammelten Informationen zu aktualisieren. „Die derzeitige Logik der Apothekenvergütung belohnt insbesondere Apotheken mit hohen Absatzzahlen. Diese Apotheken befinden sich eher in dicht besiedelten Räumen. Eine einfache Erhöhung des Fixums würde diesen Fehlanreiz weiter verstärken und die absatzstarken Apotheken monetär noch attraktiver werden lassen.“
Wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) finden auch die Kassen, dass anstelle absatzstarker Apotheken eher Apotheken gefördert werden sollten, die auch in eher schwach besiedelten Räumen die flächendeckende Versorgung sicherstellen. „Entsprechend sollte eine Verteilung der Vergütung mit dieser Zielvorstellung stattfinden. „Dies ließe sich durch eine Senkung der absatzbezogenen Vergütung bei gleichzeitig besserer Vergütung der Nacht- und Notdienste, die häufiger in schwach besiedelten Räumen stattfinden, erreichen oder durch eine degressive Ausgestaltung der packungsbezogenen Vergütung“, so die Kassen im Einklang mit den Eckpunkten zur geplanten Apothekenreform. „Dies würde auch den erheblichen Skaleneffekten im Apothekenmarkt Rechnung tragen.“
Aber laut GKV-Spitzenverband darf es nicht nur um Geld gehen: „Gleichwohl sollte eine Betrachtung der Apothekenlandschaft nicht auf monetäre Aspekte verkürzt werden. Auch seitens der Apothekerschaft wird auf einen Fachkräftemangel insbesondere in schwächer besiedelten Regionen hingewiesen. Um die Versorgung mit Arzneimitteln in diesen Regionen auch in Zukunft sicherstellen zu können, ist eine Überprüfung der Rahmenbedingungen unbedingt notwendig. Insbesondere die personellen und räumlichen Voraussetzungen sowie die geforderten Öffnungszeiten wären vor diesem Hintergrund zu hinterfragen. Eine Flexibilisierung der Vorgaben könnte hier neue Potenziale für die flächendeckende Versorgung erschließen und zur Attraktivität des Berufs der Pharmazeutisch-technischen Assistenz beitragen.“
Zudem sollten die Möglichkeiten, die die Digitalisierung für die Einführung telepharmazeutischer Maßnahmen biete, genutzt werden, so der GKV-Spitzenverband. „Dies würde auch neue Formen der Arzneimittelversorgung ermöglichen, die durch die heutigen Vorgaben ausgeschlossen sind. Durch einen geringeren Ressourcenaufwand würden diese Standorte dann auch monetär attraktiver werden.“
Für erweiterte Abgabemöglichkeiten sehen die Kassen keinen Bedarf: „Die gesetzlichen Austauschregeln im SGB V und der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, der zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband geschlossen wird, berücksichtigen bereits einen Großteil aller Konstellationen, die sich durch Engpässe bei Arzneimitteln ergeben können.“ Eine weitere Anpassung analog zur früheren Sars-CoV-2-Versorgungsverordnung sei nicht erforderlich, denn wesentliche Regelungen seien bereits durch das ALBVVG in das SGB V überführt worden. „Auch wurden weitergehende Erleichterungen für die Austauschbarkeit im Zusammenhang mit der Einführung einer Liste für bestimmte Kinderarzneimittel geschaffen, die möglicherweise einer angespannten Versorgungssituation unterliegen. Diese Austauschmöglichkeiten gehen schon jetzt über das erforderliche Maß hinaus.“
Noch weitergehende Austauschregelungen bedürften laut GKV-Spitzenverband im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit ohnehin einer ärztlichen Bewertung und führten so nicht zu Erleichterungen in der Versorgung. „Eine Verbesserung von Lieferengpasssituationen wird absehbar nicht durch neue Sonderregelungen und Befugnisse für Austauschmöglichkeiten erreicht. Vielmehr muss bereits zum Zeitpunkt der Verordnung klar sein, ob Engpässe bestehen. Dies lässt sich durch ein Frühwarnsystem und die Bereitstellung der Informationen in der Verordnungssoftware der Ärztinnen und Ärzte erreichen.“
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