„Werden dem Lobbydruck standhalten“

GKV-FinStG im Bundestag: Lauterbach kritisiert hohe Kassen-Gehälter

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat im Bundestag bei der ersten Lesung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) seine Sparpläne verteidigt. Einen Seitenhieb gab es gegen die Vorstände der Krankenkassen. Deren Gehälter lägen zum Teil deutlich über dem, was der Bundeskanzler verdiene, so Lauterbach.

Der Gesundheitsminister bemerkte erneut, dass er das Defizit von geschätzt 17 Milliarden Euro im GKV-System übernommen habe, da in der vergangenen Legislatur Strukturreformen ausgeblieben seien. „Das ist kein Vorwurf, das ist eine Tatsache“, so Lauterbach, der allerdings nach einem Schlagabtausch mit dem CDU-Experten Tino Sorge am Mittwoch anlässlich einer AOK-Veranstaltung jetzt auch auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie hinwies. „Somit ist es ein geerbtes Defizit.“

Die Koalition werde an mehreren Grundprinzipien nicht rütteln, so seien Leistungskürzungen ausgeschlossen, sagte Lauterbach. Zudem sollten die Beitragszahler:innen nur belastet werden, wenn es nicht anders geht. Deshalb werde er mit dem Gesetz zunächst Effizienzreserven heben – „und es gibt viele Effizienzsreserven im System“.

Die Rücklagen der Krankenkassen müssten aufgelöst werden, denn die aktuell großen Unterschiede bei den Rücklagen seien eine Wettbewerbsverzerrung. Lauterbach kritisierte, dass Kassen mit hohen Rücklagen jetzt noch die Alltagsrückstellungen ihrer Kassenvorstände erhöhten. Dabei verdienten einige Kassenvorstände schon heute deutlich mehr als der Bundeskanzler – und viel mehr als die allermeisten GKV-Versicherten.

Mit dem GKV-FinStG sollen auch die Apotheken sowie die Hersteller finanziell belastet werden. Lauterbach hatte auch die geplante Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 Euro auf 2 Euro als „Effizienzreserve“ bezeichnet.

Lauterbach greift Kassen an

„90 Prozent der Reform werden nicht durch Erhöhung des Beitragssatzes auf Arbeitnehmerseite generiert“, so Lauterbach. Und auch wenn er täglich im Gespräch mit Branchenvertretern sei, werde er in einigen Punkten hart bleiben: „Bei unberechtigten Angriffen werden wir dem Lobbydruck standhalten.“ Zum Schluss seiner Einführung richtete Lauterbach einen Appell ans Parlament: „Ersparen Sie uns Polemik, lassen Sie uns gemeinsam diskutieren.“

Holetschek (CSU): Gesundheitssystem droht Blackout

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sprach als Ländervertreter im Bundestag. Der Bundesrat hatte am GKV-FinStG bereits deutliche Kritik geäußert, explizit auch ab der Erhöhung des Kassenabschlags. Holetschek kritisierte Lauterbachs Ansatz: „Der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition ist kein Finanz-Stabilisierungsgesetz, sondern ein Versorgungs-Destabilisierungsgesetz. Das ist angesichts von Rekord-Inflation und explodierenden Energiekosten grob fahrlässig, denn letztlich gefährdet die Bundesregierung damit die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger.“

Klein-Schmeink (Grüne): Teures Spahn-Erbe

Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, kritisierte die Union für ihre Angriffe auf das Sparpaket. Denn damit werde verschwiegen, „wer verantwortlich ist für das, was wir hier vorfinden.“ 16 Jahre lange sei die Union mit in der Verantwortung gewesen. „Das Erbe von Jens Spahn war ein sehr sehr teures.“

AfD findet alles irre

Martin Sichert von der AfD findet die gesamte Politik der Regierung „irre“. Er kritisierte, dass Ausländer im Gesundheitssystem kostenlos mitversorgt würden und sprach wörtlich über „ukrainische Luxuskarossen vor deutschen Zahnarztpraxen“.

Ullmann (FDP) attackiert Union

Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP, schoss gegen die Union. Es sei gut, dass in der letzten Legislatur ein SPD-Minister das Finanzministerium geführt habe und niemand von der Union. Sonst sähe es nämlich insgesamt so aus wie im Gesundheitswesen: „Wir ständen vor einem Scherbenhaufen.“ Auch Ullmann verweis auf das geerbte Defizit und stellte klar: „Dieses Gesetz macht mir auch keine Freude.“

Linke sieht Beitragszahler belastet

Ates Gürpinar (Die Linke) bemerkte zu Lauterbachs Bitte, auf Polemik zu verzichten, mit der Bemerkung, Lauterbach habe mit der Polemik angefangen, als er sein Vorhaben Finanzstabilisierungsgesetz genannt habe. Seine Fraktion setzt sich weiter für eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der GKV ein. Damit ließen sich mehr als 12 Milliarden Euro genrieren.

Pantazis (SPD): Reformstau auflösen

Dr. Christos Pantazis (SPD) erinnerte ebenfalls, dass der anhaltende Reformstau zu einem milliardenschweren Defizit geführt habe. Er lobte Lauterbach, Ex-Gesundheitsminister Spahn nicht persönlich angegriffen zu haben. „Zur Wahrheit gehört auch: Ihr Vorgänger im Amt hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.“

Sorge (CDU): Leistungserbringer sind sauer

Tino Sorge (CDU) hielt Lauterbach vor, die Leistungserbringer:innen zu belasten. Wenn der Minister schon mit vielen Worten den Akteuren im System danke, den Ärzten, Apothekern und Pflegekräften, dann sei es für diese Menschen mittlerweile ein Hohn, wenn gleichzeitig Leistungen gekürzt würden.

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