GKV-Finanzen

Rote Zahlen: Kassen sehen schwarz dpa, 25.08.2015 15:22 Uhr

Berlin - 

Die Krankenkassen klagen seit längerem, dass das Geld knapper wird. Nun zeichnet sich ein Defizit von einer halben Milliarde Euro ab – und damit steigende Beitragssätze. Und die Reformen der Regierung bringen weitere Belastungen, sagen die Kassen.

Angesichts steigender Defizite der Krankenkassen müssen Versicherte im kommenden Jahr mit höheren Beiträgen rechnen. „Zum Jahreswechsel ist ein Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,2 bis 0,3 Beitragssatzpunkte realistisch“, sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. „Für die Mehrausgaben für Kliniken, Ärzte und Medikamente reicht der gesetzliche Einheitsbeitragssatz nicht“, fügte Lanz hinzu.

Die Krankenkassen fuhren nach einem Bericht des Handelsblatts im ersten Halbjahr 2015 ein Defizit von fast einer halben Milliarde Euro ein. Bei den Innungskrankenkassen habe sich das Defizit binnen Jahresfrist auf 118 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Mit einem Minus von rund 100 Millionen Euro schnitten demnach die Betriebskrankenkassen ähnlich ab. Bei den Ersatzkassen sei der Fehlbetrag zwar geschrumpft, betrage aber immer noch 191 Millionen Euro. Die AOKen verzeichneten in diesem Zeitraum ein Defizit von 110 Millionen Euro.

Der Beitragssatz zur Krankenversicherung setzt sich seit Jahresbeginn zusammen aus einem allgemeinen, festen Bestandteil von 14,6 Prozent, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte bezahlen, sowie einem Zusatzbeitrag. Diesen müssen die Kassen je nach Finanzlage regelmäßig neu bestimmen, er wird allein von den Arbeitnehmern aufgebracht. Für das laufende Jahr wird mit einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten gerechnet. Ein Plus von 0,3 Prozentpunkte würde bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3000 Euro einer Mehrbelastung von 9 Euro entsprechen.

Das Ministerium wollte sich dazu nicht äußern. Es verwies auf den Schätzerkreis, der seine Prognose im Oktober vorlegen will. Die Bild-Zeitung zitierte indessen aus einer Unterrichtung des Bundestages durch das Finanzministerium, in der „eine Steigerung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags bei der Gesetzlichen Krankenversicherung“ nicht mehr völlig ausgeschlossen scheint.

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink kritisierte die Versprechungen von sinkenden Beiträgen für die Versicherten seitens Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) noch Ende vergangenen Jahres als „Augenwischerei“. „Klar ist: Bis 2017 werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Zusatzbeiträgen von 1,4 bis 2 Prozent rechnen müssen“, so Klein-Schmeink. Durch das Einfrieren des Arbeitgeberanteils bei der GKV-Finanzreform müssten nun allein die Versicherten die stetig steigenden Kosten schultern.

Die KKH warnte davor, drohende Kostensteigerungen im Gesundheitswesen ausschließlich auf die Versicherten abzuwälzen. „Von einem funktionierenden Gesundheitssystem profitiert der Wirtschaftsstandort insgesamt, daher sollten auch die Arbeitgeber an der Finanzierung der höheren Kosten beteiligt werden“, sagte KKH-Vorstandschef Ingo Kailuweit.

Auch die SPD will wieder zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber zurückkehren. Der für Gesundheitspolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Professor Dr. Karl Lauterbach erklärte, die Arbeitnehmer könnten die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht allein tragen. Er wies darauf hin, dass die Reformen der Großen Koalition von Union und SPD Mehrkosten bedeuteten, etwa für die Krankenpflege, für eine bessere Versorgung der ländlichen Regionen mit Ärzten oder für Kliniken.