Interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich

GHG: Schulterschluss für mehr Prävention Lilith Teusch, 12.10.2024 08:40 Uhr

Gabriele Regina Overwiening (v.l.), Dr. Heribert Schuckert, Dr. Martin Schulz und Dr. Jörg Schelling diskutierten auf dem DAT über das Potenzial des Gesundes-Herz-Gesetzes.
Berlin - 

Apotheker und Ärzte diskutierten auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) über das Potenzial des neuen Gesundes-Herz-Gesetzes (GHG). Die Vertreter waren sich einig: Das Gesetz bietet eine wichtige Grundlage, um die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern. Für eine erfolgreiche Umsetzung seien jedoch interdisziplinäre Zusammenarbeit und klare Strukturen unerlässlich. Ärzte und Apotheker müssten Hand in Hand arbeiten – auch in der Kommunikation mit den Parlamentariern.

Das GHG sei ein guter erster präventiver Schritt, erklärte der Kardiologe Professor Dr. Heribert Schuckert. Um das Risiko eines Menschen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirklich einschätzen und verstehen zu können, müssen laut Schuckert alle Risikofaktoren berücksichtigt werden: Genetik, Cholesterinwerte, Blutdruck, Rauchen und Übergewicht. Diese umfassende Risikobewertung kann jedoch nur durch eine enge Zusammenarbeit von Apothekern, Ärzten und Kliniken möglich sein; hier seien interdisziplinäre Lösungen gefragt.

„Die Apotheke ist der richtige Ansprechpartner für niedrigschwellige Präventionsleistungen“, betonte Apotheker Dr. Martin Schulz. Seine Einschätzung: Apotheken haben zehnmal häufiger Kontakt zu Patienten als Ärzte. Dadurch könnten sie helfen, Risikopatienten frühzeitig zu erkennen. „Lauterbach hat Recht, dass wir systematische Untersuchungen brauchen werden, um Risikopatienten zu finden – vor allem jüngere Menschen, die selten zur Vorsorge gehen“, so Schulz' Einschätzung. Apotheken seien zudem eine wichtige Anlaufstelle für Menschen ohne Hausarzt.

Die Effektivität der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern sei auch durch zahlreiche Studien belegt. Gerade bei Bluthochdruck, der oft unbemerkt bleibt, könnten Apotheken eine entscheidende Rolle spielen.

Einheitliche Richtlinien für Risiko-Scores

Auch Dr. Jörg Schelling, Facharzt für Allgemeinmedizin, plädiert für mehr Zusammenarbeit. Patienten sollten in ein langfristiges Betreuungssystem eingebunden werden. „Präventionsleistungen sollten als pharmazeutische Dienstleistung festgeschrieben werden“, forderte auch Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Eine enge interprofessionelle Zusammenarbeit würde ihrer Meinung nach das pharmazeutische Profil stärken.

Der im Gesetz vorgesehene Präventionsgutschein sei laut Schulz ein wichtiger Schritt, um Patienten für Gesundheitsuntersuchungen zu sensibilisieren. Der Gutschein ermögliche niedrigschwellige Vorsorgeuntersuchungen und binde verschiedene Akteure im Gesundheitswesen ein. Er betonte auch die Notwendigkeit gemeinsamer Leitlinien für Risikoscores: „Wir brauchen klare Regeln, bei welchen Konstellationen wir sagen: ‚Komm in einem Jahr wieder‘, ‚geh demnächst zum Arzt‘ oder ‚geh sofort zum Arzt‘.“

Personalmangel in Apotheken

Eine große Herausforderung ist gegenwärtig der Personalmangel, erklärte Overwiening. Unter den derzeitigen Bedingungen seien die geplanten Präventionsleistungen nur schwer umsetzbar. Es brauche eine angemessene Bezahlung, um qualifiziertes Personal einstellen zu können. „Nirgendwo im Gesundheitswesen ist Expertise so leicht verfügbar wie in der Apotheke“, unterstrich Overwiening. Prävention könne die Krankheitslast verringern, Kosten senken und so die Herausforderungen der kommenden Jahre abfedern.

„‚Apotheke light‘ und gleichzeitig mehr Präventionsleistungen sind ein Widerspruch“, warnte Overwiening. „Mit dem Apothekenreformgesetz weiß ich nicht, wer diese Leistungen in der flächendeckenden Versorgung erbringen soll.“

Gemeinsame Gespräche

Abschließend betonte Schuckert, wie wichtig es ist, im Parlament Verständnis für die Intention des Gesetzes zu wecken. Overwiening schlug vor, gemeinsam mit Ärzten Gespräche mit Parlamentariern zu führen, um eine geschlossene Front der Gesundheitsberufe zu zeigen. „Wir müssen uns gemeinsam für mehr Prävention einsetzen“, forderte sie.

„Wir suchen den Schulterschluss zwischen Apothekern, Allgemeinmedizinern und Kardiologen, um einen Konsens zu finden und die Herausforderungen gemeinsam anzugehen“, pflichtete Schelling bei.