Am Samstag wird der Pflegebeitrag erhöht. Dies soll die Pflege-Finanzen bis 2025 entlasten. Das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Anja Piel, fordert eine echte Reform.
Gewerkschaften und Arbeitgeber haben die höheren Pflegebeiträge zum 1. Juli kritisiert. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur, mit der Anhebung des Beitrags zur Pflegeversicherung habe es sich die Politik zu leicht gemacht. „Gerade in Zeiten hoher Inflation und multipler Krisen muss die Politik alles tun, um die Beitragszahlenden zu entlasten.“ Anja Piel, sagte der dpa: „Die Erhöhung der Pflegebeiträge in immer kürzeren Abständen ist ganz sicher nicht die Rettung der Pflegeversicherung.“
An diesem Samstag wird der Pflegebeitrag nach einem vom Bundestag beschlossenen Gesetz um 0,35 Prozentpunkte erhöht, für Menschen ohne Kinder etwas mehr. Dies soll die Pflege-Finanzen vorerst bis 2025 absichern. Familien mit mehreren jüngeren Kindern werden entlastet. Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bringt 2024 auch Verbesserungen für Pflegebedürftige im Heim und zu Hause.
Piel sagte, helfen könne eine echte Reform, die dafür sorge, dass sich alle im Ernstfall auf eine Pflege mit guten Leistungen verlassen könnten, die nicht arm mache. Der DGB fordere daher weiter eine Pflege-Bürgerversicherung, die alle Pflegekosten verlässlich abdecke. „Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können nicht länger warten - die Ampel muss ihre Reformversprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen“, mahnte Piel. Als wichtigen Schritt müsse der Bund endlich versicherungsfremde Leistungen wie Rentenbeiträge für pflegende Angehörige übernehmen. „Außerdem muss er seine Schulden bei den Versicherten begleichen.“ Die Pflegeversicherung habe während der Corona-Krise Kosten zur Bekämpfung der Pandemie vorgeschossen.
Dulger sagte, im Koalitionsvertrag seien Maßnahmen zur Stabilisierung der Pflegefinanzen vereinbart worden. „Das muss die Ampel jetzt endlich anpacken.“ Parallel müssten nachhaltige Strukturreformen eingeleitet werden. Die Arbeitgeber treffe es nun doppelt: „Neben steigenden Lohnzusatzkosten müssen sie neue bürokratische Lasten schultern.“ Die Zahl der Kinder ihrer Beschäftigten müsse analog erfasst werden. „Die selbsternannte Fortschritts-Koalition wollte die Digitalisierung vorantreiben. Da hätte man doch erwarten dürfen, dass sie den Arbeitgebern die notwendigen Daten von Anfang an digital durch eine zentrale Stelle zur Verfügung stellt.“
Ein Überblick über die Änderungen der Pflegebeiträge, die pro Jahr 6,6 Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege mobilisieren sollen:
Der Pflegebeitrag liegt aktuell bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Zum 1. Juli wird er erhöht, und zwar in Kombination mit Änderungen wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Demnach muss mehr danach unterschieden werden, ob man Kinder hat oder nicht.
Alles in allem steigt der Beitrag für Kinderlose so auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Der enthaltene Arbeitgeberanteil geht von 1,525 Prozent auf 1,7 Prozent herauf.
Konkret wird der Pflegebeitrag für größere Familien für die Dauer der Erziehungsphase bis zum 25. Geburtstag des jeweiligen Kindes deutlicher gesenkt - und zwar schrittweise je Kind. Ab zwei Kindern muss damit - bezogen auf den Arbeitnehmeranteil von bisher 1,525 Prozent - weniger gezahlt werden als heute.
Bei zwei Kindern beträgt der neue Arbeitnehmeranteil 1,45 Prozent, bei drei Kindern 1,2 Prozent, bei vier Kindern 0,95 Prozent und bei fünf und mehr Kindern 0,7 Prozent. Ist ein Kind älter als 25 Jahre, entfällt „sein“ Abschlag. Sind alle Kinder aus der Erziehungszeit, gilt dauerhaft der Ein-Kind-Beitrag, auch wenn man in Rente ist.
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