Lieferengpässe

Gesundheitsminister wollen Rabattverträge entschärfen

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Berlin -

In kurzen Abständen sorgen Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln immer wieder für Schlagzeilen. Jetzt wollen sich die Ländergesundheitsminister auf ihrer Konferenz Anfang Mai erneut mit diesem Thema befassen: Dazu schlagen die Gesundheitsministerien von Hessen und dem Saarland Veränderungen bei den Rabattverträgen und eine Verringerung der Zwangsabschläge für Hersteller vor.

Die Amtschefs der Gesundheitsministerien in Hessen und Saarland haben dazu einen gemeinsamen Antrag für die Gesundheitsministerkonferenz (GKM) vorgelegt. Trotz vielfältiger Maßnahmen seien weiterhin Lieferengpässe von Arzneimitteln zu verzeichnen, heißt es darin. Dafür gebe es „herstellungsbedingte Ursachen“. Dazu zählen für beide Ministerien die Komplexität der Produkte, die Zunahme regulatorischer Anforderungen, Produktionsprobleme, Engpässe bei Ausgangsstoffen, hohe Qualitätsvorgaben, Produktionskapazitäten, Globalisierung und Konzentrationsprozesse.

Zudem überraschten nicht vorhersehbare Nachfrageschwankungen die Hersteller. Für Preis- und Rabattdruck sorgten nationale Preis- und Erstattungsregulierungen. Dies führe zu unternehmerischen Entscheidungen wie die Rationalisierung von Produktionsprozessen und die Anpassung der Portfolios. Hinzu kämen Verteilungs- und Lagerprobleme. „Eine wichtige Ursache für Lieferengpässe, die bis dato regulatorisch nicht beziehungsweise nicht ausreichend adressiert wurde, scheint der steigende Kostendruck zu sein“, heißt es im Antrag. Damit greifen die beiden Länderministerien die Argumentation der Herstellerverbände auf.

Deshalb sollten wettbewerbliche Steuerungsinstrumente und Preissteuerungsinstrumenten für versorgungsrelevante Arzneimittel nachjustiert werden, schlagen die Gesundheitsministerien von Hessen und Saarland vor: „Grundsätzlich zu hinterfragen“ seinen Rabattverträge für lebenswichtige Arzneimittel. Ausschreibungen von Krankenkassen und Einkaufsgemeinschaften sollten stets konsequente Mehrfachvergaben mit definierten Liefermengen zur Vermeidung von Lieferausfällen vorsehen.

Analog zu den Hilfsmittelverträgen sollten gesetzliche Regelungen im Arzneimittelbereich erwogen werden, um „durch den Verhandlungsprozess auch das gegenseitige Verständnis für die besondere Marktsituation zu fördern“. Vermutlich beziehen sich Hessen und Saarland auf die Änderungen im neuen Heil- und Hilfsmittelgesetz, das letztes Jahr in Kraft getreten ist. Danach darf bei Ausschreibungen nicht mehr der Preis das ausschlaggebende Kriterium für die Vergabe sein. Es müssen anteilsmäßig Produktqualität und Lieferfähigkeit berücksichtigt werden. Die Patienten müssen stets aus mehreren Produkten wählen können.

Kürzlich hatte daraufhin das Bundesversicherungsamt (BVA) die Barmer und die DAK-Gesundheit verpflichtet, ihre Heil- und Hilfsmittelausschreibungen zu Atemtherapiegeräten und zur Stomaversorgung sofort aufzuheben. Gleichzeitig hat die Aufsicht den Kassen untersagt, einen Zuschlag zu erteilen. Zuvor hatte die „Selbsthilfe Stoma-Welt“ gegen die Ausschreibung protestiert. Die Organisation sah darin eine deutliche Verschlechterung der Versorgung der Patienten.

Zudem schlagen die Gesundheitsministerien von Hessen und Saarland vor, die Herstellerabschläge unter die Lupe zu nehmen: Es „sollten Anreize für die vermehrte Herstellung von Arzneimitteln in europäischen Produktionsstätten, zum Beispiel niedrigere oder keine Abschläge, geprüft werden, um höhere Produktionskosten in Europa zumindest teilweise zu kompensieren“, so der Vorschlag.

Das noch von der Union/FDP-Koalition im Jahr 2010 verhängte Preismoratorium gilt bis zum Jahr 2020. Dagegen laufen die Herstellerverbände seit Jahren Sturm. Inzwischen liegt die Verfassungsklage eines Herstellers vor. Infectopharm klagt vor dem Bundesverfassungsgericht. Der Mittelständler beruft sich dabei auf die vom Grundgesetz geschützte unternehmerische Freiheit. Als erster Hersteller lässt Infectopharm damit prüfen, ob der bis Dezember 2022 verlängerte pauschale gesetzliche Preisstopp für Arzneimittel ohne Festbetrag ein Verstoß gegen das Grundgesetz ist.

Auch Zwangsmaßnahmen schließen Hessen und Saarland zur Sicherung der Lieferfähigkeit bei wichtigen Arzneimitteln nicht völlig aus: „Zwangsmaßnahmen jeglicher Art könnten negative Auswirkungen auf die Versorgungssituation haben und sollten allenfalls als ultima ratio erwogen werden.“ Die Gesundheitsministerien setzten zunächst auf die Marktwirtschaft: Es sei davon auszugehen, „dass Pharmaunternehmen alles daransetzen, Lieferengpässe zu vermeiden, da sie gewinnorientiert operieren.“

Stimmt die GMK diesem Antrag zu, soll Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Thema aufgreifen und prüfen, „inwieweit eine Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen oder anderer Maßnahmen besteht“.

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