Apotheker sollen „Patientisch“ lernen Eugenie Ankowitsch, 19.06.2017 15:33 Uhr
Gemeinsam mit Vertretern anderer Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens sowie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt heute in Berlin die Gemeinsame Erklärung zur Gründung der „Allianz für Gesundheitskompetenz“ unterzeichnet. Der Plan ist, eine „umfassende bundesweite Strategie zur Förderung von Gesundheitskompetenz zu entwickeln“. Apotheker wollen mit ihrer Kernkompetenz punkten und Patienten verstärkt über Arzneimitteltherapie aufklären.
Angestoßen durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verpflichten sich die Partner, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz zu entwickeln und umzusetzen. „Wir brauchen dringend mehr verständliche Gesundheitsinformationen“, sagte Gröhe bei der öffentlichen Unterzeichnung der Erklärung in Berlin. Es sei jedoch nicht immer einfach, im Dickicht der oft unverständlichen Gesundheitsinformationen den Durchblick zu bewahren.
Laut einer Studie verfügen 54 Prozent der Menschen in Deutschland nur über eine „eingeschränkte Gesundheitskompetenz“. „Das bedeutet, sie haben Schwierigkeiten, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, sie zu bewerten und die richtigen Entscheidungen für eine gesunde Lebensweise oder zur Krankheitsbewältigung zu treffen“, sagte Gröhe. Als ein „starkes Zeichen“ wertete er den Umstand, dass sich 14 Organisationen des Gesundheitswesen zu einer gemeinsamen Erklärung durchgerungen und sich verpflichtet haben, jeder in seinem Bereich „mehr zu machen“ als bisher.
Apotheker sollen und wollen dabei ihre Kompetenz in der Arzneimitteltherapie einbringen. Medikationsanalyse als zentrales Element des Medikationsmanagements soll die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) verbessern. Gern würden Apotheker „da intensiver mitmachen“, sagte Schmidt diplomatisch vor den Spitzenvertretern des deutschen Gesundheitswesens und deutete damit an, dass Apotheker derzeit kaum eine Rolle bei solchen Projekten wie dem Medikationsplan spielen. Denn bei solchen Terminen, bei denen sich die Gesundheitsbranche selbst feiert, wird Kritik nicht gern gesehen. In der Regel ist man bestrebt, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten.
Und so hielt sich der ABDA-Präsident mit allzu deutlichen Forderungen zurück und wünschte sich lediglich eine „gewisse Verbindlichkeit“ in der Beziehung von Apotheker und Patient. Schmidt betonte, dass die Kommunikation zwischen Apothekenpersonal und Patienten bereits sehr gut sei. Man wolle aber dennoch patientengerechte Sprache im Pharmaziestudium sowie in der Aus-, Fort- und Weiterbildung „deutlich stärken“.
In der Erklärung, an der neben Apothekern auch Ärzte, Kassen und Patientenvertreter beteiligt sind, werden drei Ziele genannt. Das erste ist Bildung: In allen Altersgruppen – vom Kindergarten bis ins Seniorenalter – sollen Kenntnisse zur Einschätzung, Bewertung und Nutzung von Gesundheitsinformationen vermittelt werden. „Gesundheitskompetenz sollte Bestandteil von Bildungs- und Lehrplänen von Kindertagesstätten. Allgemeinbildenden Schulen und Weiter- und Fortbildungseinrichtungen sein“, heißt es in der Erklärung. So sollen die Menschen befähigt werden, „ihre gesundheitlichen Anliegen wahrzunehmen und zu vertreten“.
Dabei kommt es darauf an, Informationen wissenschaftlich abzusichern und gleichzeitig allgemeinverständlich aufzubereiten. Als eine der Maßnahmen hat das BMG bereits das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) damit beauftragt, bis 2018 ein Konzept für ein Nationales Gesundheitsportal zu erarbeiten. Das Portal soll vertrauenswürdige, wissenschaftlich belegte und unabhängige Gesundheitsinformationen zusammenführen.
Das dritte Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Patienten und Vertretern der Gesundheitsberufe zu verbessern. Patienten sollen zwar umfassend, aber auch leichter verständlich über „Vor- und Nachteile sowie mögliche Risiken von Diagnostik und Therapie“ informiert werden. Alle Partner sollen für ihren Bereich Projekte vorlegen und umsetzen.