Kritik an Finanzierungsplänen

Gesundheitskioske: Kassen wollen mitspielen

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Berlin -

Auf der 27. Plattform Gesundheit des IKK-Verbunds standen die Gesundheitskioske im Fokus – „Gesundheitskioske als innovative Schnittstelle – Wunsch oder Wirklichkeit?“. Kritikpunkte waren vor allem der nicht ermittelte Bedarf, die Zerklüftung von Zuständigkeiten zusätzlich zur dünnen Personaldecke im Gesundheitswesen und die geplante Finanzierung der Kioske.

„Gesundheitskioske bieten insbesondere in sozial benachteiligten Regionen und Stadtteilen niedrigschwellige Beratung an“, heißt es in den Eckpunkten zum entsprechenden Gesetz, das der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) initiiert hat. Den Kiosken soll demnach vor allem eine Lotsenfunktion zukommen, Behandlungen sind „zunächst“ nicht vorgesehen, hieß es im Januar aus dem BMG. Viele Akteur:innen im Gesundheitswesen sehen durch eine Etablierung von Gesundheitskiosken allerdings trotzdem große Hürden auf sie zukommen.

Angst vor Parallelstrukturen

Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening gab bei dem Treffen per Videobotschaft ein Statement ab: Die Bezeichnung als Kiosk verwirre, es sollten zudem lieber bestehende Strukturen wie die Apotheken vor Ort gestärkt werden, „bevor irreführende Parallelstrukturen geschaffen werden“. Die Pläne würden laut der Abda-Präsidentin unreflektiert und wenig zielorientiert anmuten.

Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK, kritisiert vor allem die geplante Kostenaufteilung, denn die im Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums für die Gesundheitskioske genannten Aufgaben seien nur teilweise Aufgabe der GKV. Es könne deshalb nicht sein, dass die GKV pauschal 74,5 Prozent der Kosten übernehmen soll: „Bei der aktuellen Finanzsituation der Krankenkassen ist das ein schweres Pfund“, so Müller. Auf die PKV sollen laut der Eckpunkte 5,5 Prozent der Kosten entfallen, die Kommunen tragen 20 Prozent, besitzen dafür aber das Initiativrecht.

„Niemand muss Sorge vor dem Aufbau einer Parallelstruktur im Gesundheitswesen haben“, verspricht die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit Sabine Dittmar (SPD). Die Gesundheitskioske sollen „die bestehenden Strukturen vor Ort entlasten, aber die Arbeit der Primärversorgung nicht ersetzen“, sagt sie und verteidigt die Kostenaufteilung – die Krankenversicherungen hätten als Solidargemeinschaft die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern. Dies bedeute auch die Förderung der Gesundheitskompetenz und der Eigenverantwortung der Versicherten.

Patienten befragen

Laut Professor Dr. Heike Köckler, Professorin für Sozialraum und Gesundheit am Bochumer Department of Community Health der Hochschule für Gesundheit, bedürfe es „community-spezifischer Ansätze“. „Gesundheitskioske sind dem Sozialraum entsprechend zu konzipieren und einzubinden und erfordern die Zusammenarbeit von Akteurinnen und Akteuren im Gesundheitswesen, ebenso wie von Kommunen und Sozialraumakteuren, wie etwa Wohlfahrt, Kirche oder Sportverwaltung“, so Köckler. In ländlichen Strukturen seien ganz anders aufgestellte Gesundheitskioske erforderlich als in städtischen Brennpunkten. Das Hamburger Modellprojekt Billstedt/ Horn eignet sich also nicht als Blaupause für ganz Deutschland.

Das Konzept der Gesundheitskioske der Bundesregierung sei konzeptionell noch nicht ausgegoren, so Anselm Lotz, Verwaltungsratsvorsitzender der IKK Brandenburg und Berlin, das Gesamtkonzept sollte am Bedarf ausgerichtet sein. „Wir sollten die Versicherten fragen, ob sie die Idee des Gesundheitskiosks gut finden, wenn sie das Projekt schließlich auch bezahlen sollen“, sagt er.

Professor Dr. Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Managed Care, befürchtet, „dass man mit dem Gesundheitskiosk ein neues Haus neben bereits bestehende Strukturen stellt.“ Man benötige eher einen niedrigschwelligen Zugang, der akzeptiert werde.

Hausärzte fürchten Personal-Kannibalisierung

Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, stört sich vor allem an der Zahl von 1000 Kiosken, denn das spiegele nicht den Bedarf wider. Seine größte Sorge gilt der Personalknappheit: „Wo soll für 1000 Kioske das Fachpersonal herkommen, ohne dass man sich nicht wechselseitig kannibalisiert?“, fragt er. „Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, dass Hausärzte überflüssig werden“, so der Vorsitzende außerdem zu den Befürchtungen, die Gesundheitskioske würden mehr und mehr Aufgaben der Primärversorgung übernehmen.

Auch Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK, kritisierte abschließend die Frage nach der Finanzierung: Warum die gesetzliche Krankenversicherung eigentlich auch hier wieder nur die Rolle des Payers und nicht des Players zugedacht werde, frage er sich.

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