8 Euro pro Arzneimittelabgabe, 11 bis maximal 90 Euro pro pharmazeutischer Dienstleistung – mehr können Apotheken pro Leistung in der Regel nicht abrechnen. Umgerechnet 250 Euro kostet dagegen jede Beratung im Gesundheitskiosk in Solingen. Die AOK Rheinland/Hamburg lässt sich die privat betriebene Anlaufstelle für sozial Benachteiligte viel Geld kosten.
Im Oktober 2023 wurde der Gesundheitskiosk in Solingen eröffnet. Der Betrieb ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt, des Ärztenetzes Solimed, der Bergischen Krankenkasse und der AOK Rheinland/Hamburg. Nach mehr als einem Jahr zieht die Kasse Bilanz und zeigt sich zufrieden mit der Einrichtung. Rund 1800 Fälle seien in den vergangenen Monaten zusammengekommen.
Pro Jahr investieren die Projektträger rund 400.000 Euro in die Einrichtung, erklärte der Sprecher auf Nachfrage. Das entspricht exakt dem Betrag, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) für die Gesundheitskioske vorgesehen hatte.
Den größten Teil davon investiere die AOK Rheinland/Hamburg selbst. Und auch für die nächsten zwei Jahre sei die Finanzierung gesichert: Bis Ende 2026 gebe es bereits vertragliche Vereinbarungen.
Zur Einordnung: Pro Monat kostete der Kiosk bislang knapp 30.000 Euro, pro Beratungsgespräch ergibt sich ein Betrag von rund 250 Euro. Und die Zahl der durchgeführten Beratungsgespräche entspricht der Zahl der Kundenkontakte, die jede Apotheke bereits in wenigen Tagen hat.
Das Geld geht offenbar an einen privaten Betreiber. Denn die Kassen als Projektpartner und Finanziers sind nicht die Gesellschafter der Betreibergesellschaft, sondern vielmehr der Vorsitzende und der Geschäftsführer von Solimed sowie ein weiterer Mediziner aus der Stadt, der gerade in Rente gegangen ist.
„Grundsätzlich investieren wir mit dem Gesundheitskiosk in eine umfassende, niedrigschwellige gesundheitliche Beratung, in soziale Fürsorge und vor allem in Gesundheitskompetenz, die perspektivisch eine bessere und wirtschaftlichere Versorgung für die Betroffenen möglich macht“, sagt der Sprecher.
Das Angebot des Gesundheitskiosks umfasse neben der Beratung auch Veranstaltungen, Workshops und Kursangebote zu Gesundheitsthemen. Doppelstrukturen würden dadurch nicht entstehen, der Kiosk bündle und koordiniere regionale Angebote, Hilfesysteme würden genutzt und den Kunden bedarfsgerecht angeboten. „Es werden keine Konkurrenzprodukte und -leistungen angeboten“, heißt es seitens der Kasse.
Zu Einzelfällen könne sich die Kasse nicht äußern, der überwiegende Teil der Beratungen drehe sich um Gesundheitsthemen, erklärte der Sprecher, oft gehe es aber auch um soziale Themen, wobei eine klare Zuordnung schwierig sei. Oft gehe es darum, den Zugang zum Gesundheitssystem, zur hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung zu erleichtern. Häufig würden den Patientinnen und Patienten auch Hilfen angeboten, um Dokumente und Abläufe zu verstehen, Unterstützung bei Anträgen oder Vermittlung von Unterstützungsangeboten.
Drei Viertel der Ratsuchenden im Gesundheitskiosk kamen laut der Kasse aus den Stadtteilen Mitte und Nordstadt. Versicherte der beiden beteiligten Krankenkassen hätten einen Anteil von etwa zwei Dritteln ausgemacht, etwa 10 Prozent hätten die Solinger Gesundheitskarte besessen. In geringerem Umfang hätten auch Versicherte der Barmer, IKK, DAK und Techniker Krankenkasse sowie Personen mit ungeklärtem Versichertenstatus oder ohne Krankenversicherung den Gesundheitskiosk aufgesucht.
Auch nach 2026 will die Kasse offenbar weitermachen: „Wir wollen das Projekt fortsetzen, sofern die politischen Rahmenbedingungen stimmen und sich unsere Partner, insbesondere die beteiligten Kommunen und bestenfalls weitere Kostenträger, daran beteiligen.“ Ob dies der Fall sein wird, könne heute allerdings noch nicht gesagt werden.